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(bin)
Luftreinigung (2) Die Affen reden nicht - wie die Wilden sagen —, um nicht zu arbeiten; aber viele Weiber reden eben doppelt, weil sie arbeiten.
Ich habe nachgedacht, zu welchem Zweck. Anfangs scheint es, die Natur ordne
jenes Wiederholen des Gesagten zur Ausbreitung metaphysischer
Wahrheiten an; denn da nach Jacobi und Kant Demonstration nichts
ist als Fortschritt in identischen Sätzen, so demonstrieren die Weiber, da sie
immer vom nämlichen zum nämlichen fortschreiten, unaufhörlich. Gleichwohl ist
gewiß der Natur an folgendem Nutzen mehr gelegen. Die Baumblätter verharren,
wie scharfe Naturforscher behaupten, in einer flatternden Bewegung, um die Luft
durch dieses stete Geißeln zu reinigen: diese Schwingung tut beinahe die Dienste
eines schwachen kleinen Windes. Es wäre aber ein Wunder, wenn die sparsame
Natur das viel längere, das siebzigjährige Schwingen der weiblichen
Zungen ohne Absicht veranstaltet hätte. Die Absicht mangelt aber nicht;
es ist dieselbe, warum die Blätter wackeln; der ewige Pulsschlag der weiblichen
Zunge soll der Erschütterung und Umrüttelung der Atmosphäre
forthelfen, die sonst anfaulte. Der Mond hat sein Wassermeer und der weibliche
Kopf sein Luftmeer, das er gesund zu schütteln hat. Daher würde ein allgemeines
pythagoreisches Noviziat in die Länge Epidemien nach sich ziehen - und Nonnen-Kartausen
Pesthäuser. Daher nehmen unter kultivierten Völkern, die mehr sprechen, die
grassierenden Krankheiten ab. Daher ist die Einrichtung der Natur wohltätig,
daß die Weiber gerade in großen Städten - ferner im Winter - ferner
in Zimmern - und in großen Gesellschaften am meisten sprechen;
denn eben in diesen Orten und Zeiten ist die Luft am meisten verdorben, voll
abgesetzten Phlogiston, und der Windfächel bedürftig. -
Jean Paul, Siebenkäs
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