uftratten Mit einem Knall flattern die Tauben auf.
Eine bleibt zuckend am Boden zurück, eine andere trudelt nach einem weiteren Knall gegen die Hauswand.
Ein
Rollstuhlfahrer kommt um die Ecke mit umgehängtem Gewehr, es pendelt am
kurzen Riemen vor seiner Brust. Er fährt über die eine Taube drüber und
auf die andere zu, die sich vor der Wand abquält. Erst sieht es so aus,
als wollte er ihr den Gnadenschuss geben, doch dann stößt er mit dem
Kolben des Gewehrs auf sie ein. Das Geräusch ist verblüffend leise,
gedämpft. Die erste Taube liegt da, eklig und doch auch lustig verdreht,
und streift mit einem Flügel übers Pflaster, kehrt ein wenig Staub.
Der Rollstuhlfahrer muss sich sehr strecken, um seine
Beute aufzusammeln, Er schaut überrascht, als er Wense in der
Seitengasse bemerkt.
»Ich will sie nicht essen, ich schieß sie nur ab.«
»Lassen Sie ein paar übrig.«
«Wozu? Die bringen Krankheiten!«
»Sie fliegen aus, wenn eine Katastrophe bevorsteht. Vor
dem Erdrutsch in Lyon war es so und auch vor dem großen Beben von San
Francisco. Die Luftratten verlassen das Schiff immer ein paar Tage bevor
es sinkt.« - Christian Schulteisz, Wense. Berlin 2020
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