ergenommenwerden
Saugerin! Raubhöhle! Gewalttätige Furche! Elende Klammer! Was tust Du mir wieder!
Ich schnaufe. Stöhne. Vor Wut über meine dressierte Natur brülle ich. Unhörbar.
Aber mich durchdringend. Mich so auszulutschen! Und wie ich funktioniere! Der
domestizierte Schwengel. Und ich habe nichts zu melden. Mach Männchen, alehopp!
Wie das funktioniert! Ohne mich. Gegen mich. Wie die mich auslutscht, diese
Deine Purpurvettel, Deine nasse Innerei! O Orli Orli, warum hast Du mich verlassen!
Warum geschieht mir das wieder! Orli, glaub mir doch, daß ich nicht dabei bin.
Daß ich bei Dir bin. Die Fleischklamm lutscht an totem Zeug. Ich schwöre ab
dieser einschließenden Schlucht. Diesem saugenden Spund. Diesem lutschenden
Krater. Dem mampfenden Lippensumpf. Orli, bei Dir bin ich, nicht aber hier,
wo ich bloß hergenommen werde, wo mir Gewalt geschieht. Mich hat das lutschende
Monstrum geschluckt. Und schleift mich, tausend Jahre durchs Wasser, und melkt
mich leer, raubt, was mir nicht, was ihr nicht, was niemandem gehört außer Dir,
Orli. Warte, bis die soßige Mampferin mich ausgelutscht hat und mich ausspuckt.
Dann wird das Wasser mich Dir hinschwemmen, Orli, fisch mich auf, nimm mich
dann zu Dir, pflege mich bis ins trockene Morgenrot.
- Martin Walser, Das Einhorn. Frankfurt am Main
1966
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