- Jakob Sprenger, Heinrich Institoris,
Der Hexenhammer. München 1985 (dtv klassik, zuerst 1487)
Hemmung (2) Die stärkste Hemmung, artgleiche
Weibchen zu beißen, findet sich beim europäischen Hamster. Möglicherweise ist
sie bei diesen Nagern deshalb von so besonderer Wichtigkeit, weil bei ihnen
der Mann um ein Mehrfaches schwerer ist als die Frau und weil die langen Nagezähne
dieser Tiere besonders böse Wunden zu schlagen imstande sind. Wenn während der
kurzen Paarungszeit das Männchen in das Territorium eines Weibchens eindringt,
dauert es, wie Eibl-Eibesfeldt festgestellt hat, geraume Zeit, bis sich die
beiden eingefleischten Einzelgänger soweit aneinander gewöhnt haben, daß das
Weibchen die Annäherung des Männchens aushält. Während dieser Periode, und nur
dann, zeigt sich die Hamsterfrau ängstlich und scheu vor dem Mann! Zu jeder
anderen Zeit ist sie eine wütende Furie, die hemmungslos
auf das Männchen losbeißt. Bei der Zucht dieser Tiere in Gefangenschaft muß
man nach der Paarung die Partner rechtzeitig trennen, sonst gibt es Männerleichen.
- Konrad Lorenz, Das sogenannte Böse. Zur Naturgeschichte der Aggression. München
1974 (zuerst 1963)
Hemmung (3) Die Ute-Indianer leiden so häufig an
Neurosen, wie dies von keiner anderen menschlichen
Gruppe je nachgewiesen wurde, und als gemeinsame Ursache dieser Erkrankung fand
Margolin immer wieder unausgelebte Aggression.
Viele der Indianer empfinden und bezeichnen sich
selbst als krank und können auf die Frage, worin die Krankheit denn bestehe,
keine andere Antwort geben als: »Ich bin eben ein Ute!« Gewalttätigkeit und
Totschlag gegen nicht zum Stamm Gehörige sind an der Tagesordnung, gegen Stammesgenossen
dagegen ungemein selten, weil sie durch Tabus verhindert sind, deren mitleidlose
Strenge ebenfalls leicht aus der Vorgeschichte der Utes zu verstehen ist: Der
in stetem Kampfe mit den Weißen und mit benachbarten Indianern befindliche Stamm
mußte Streitigkeiten zwischen seinen Mitgliedern um jeden Preis verhindern.
Wer einen Stammesgenossen getötet hat, ist durch die Strenge der Tradition verpflichtet,
Selbstmord zu begehen. An dieses Gebot hielt sich selbst ein Ute, der Polizist
war und beim Versuch, einen Stammesgenossen festzunehmen, diesen in Notwehr
erschossen hatte. Der Festzunehmende hatte im Rausche seinem Vater einen Messerstich
versetzt, der die Schenkeiarterie eröffnete und zur Verblutung führte. Als der
Polizist den dienstlichen Befehl bekam, den Totschläger - um Mord handelte es
sich zweifellos nicht - festzunehmen, machte er seinem weißen Vorgesetzten Vorstellungen.
Der Delinquent, so argumentierte er, wolle sterben, er sei zum Selbstmord verpflichtet
und werde diesen nun ganz sicher in der Weise begehen, daß er sich der Festnahme
widersetzen und ihn, den Polizisten, zwingen werde, ihn zu erschießen. Dann
aber müsse er selbst sich töten. Da der offenbar mehr als kurzsichtige Sergeant
auf seinem Befehl bestand, rollte die Tragödie denn auch in der vorausgesagten
Weise ab. - Konrad Lorenz, Das sogenannte Böse. Zur Naturgeschichte der Aggression. München
1974 (zuerst 1963)
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