Die Heide; Gewitter
Die drei Hexen treten auf.
ERSTE HEXE
Wo warst du, Schwester?
ZWEITE HEXE
Schweine
gewürgt.
DRITTE HEXE
Schwester, wo du?
ERSTE
HEXE
Ein Schifferweib, Kastanien hatt‘s im Schoß,
Und schmatzt‘, und schmatzt‘, und schmatzt‘ — Gib
mir, sagt ich;
Pack dich, du Hexe! schreit das fette
Weibsstück.
Ihr Mann ist nach Aleppo, führt den "Tiger";
Doch
segl ich nach im Sieb, ich kanns,
Wie eine Ratte
ohne Schwanz;
Ich tus,
ich tus, und ich tus.
ZWEITE HEXE
'nen Wind
kriegst von mir.
ERSTE HEXE
Schön von dir!
DRITTE
HEXE
Von mir 'nen andern.
ERSTE HEXE
Ich
hab selber all die andern.
In alle Häfen blasen die,
Jede
Ecke kennen sie
Auf des Seemanns Karte.
Dörr
wie Heu ihm jedes Glied!
Nie komm auf sein Augenlid
Schlaf
bei Tage oder Nacht!
Leben soll er fluchbedacht!
Schwere
Wochen, neunmal neun,
Siech er, schwind er, schrumpf
er ein!
Wird auch nicht sein Schiff
zerschmettert,
Solls doch bleiben sturmumwettert!
—
Schau, was ich hab!
ZWEITE HEXE
Zeig
her, zeig her!
ERSTE HEXE
'nes Seemanns Daumen
hab ich da,
Schiffbruch litt er der Heimat
nah!
Trommeln hinter der Szene.
DRITTE HEXE
Trommeln — Ha,
Macbeth
ist da!
ALLE DREI
Unheilsschwestern, Hand in Hand
Schwärmend
über Meer und Land,
Ziehen so rundum, rundum.
Dreimal
dein und dreimal mein,
Und dreimal noch, so macht
es neun!
Still! — Der Zauber
ist geknüpft.
-
Shakespeare
,
Macbeth
Hexe (2)
Hexe (3) Der englische Erzbischof
Samuel Hasnet verkündete im Jahre 1622, wie eine Hexe aussehe: »Ein geiferndes
altes Weib, dessen Kinn und
Knie vor Alter zusammentreffen, das gekrümmt wie ein
Bogen läuft und sich auf einen Stock stützt; das hohläugig, zahnlos, mit zerfurchtem
Gesicht und lahmen, zitternden Gliedern, vor sich hin murmelnd durch die Straßen
schleicht.« - (hoe)
Hexe (4) Die Hexen werden, gleichsam aus dem Boden aufsteigend, auf der Vorbühne sichtbar.
HEXEN:
Itzt ham sie s'derpackt! ...
Abgrittne |
gailinge |
Mörderin |
Itzt ham sie s'derpackt!
Durchgsottne, |
Lügende, |
Trostlose |
Itzt ham sie s'derpackt!
Itzt ham sie s'derpackt!
- CARL ORFF, Die Bernauerin, nach
(abc)
Hexe (5) Hitze strahlte von ihr aus, die Wärme, die man manchmal fühlt, wenn man neben einem Pferd steht. Mark fragte: »Kann ich mit dir machen, was ich will?« »Alles.«
»Dir die Kehle aufschlitzen?« fragte er, überrascht von seinen eigenen Worten.
Bella zitterte. »Ja. Das Blut würde herausschießen, und ich würde die Klinge küssen . . .«
Er wurde von einer Begierde überwältigt, wie er sie seit Jahren nicht mehr gefühlt hatte, vielleicht noch nie. »Mach keine Dummheiten«, warnte ihn eine innere Stimme. »Schick sie sofort nachhause!« Laut sagte er: »Gut. Ich hole das Messer.« »Ja.«
Er ging in die Küche, öffnete im Dunkeln eine Schublade und nahm unter den Küchengeräten ein Messer heraus. Es war ihm ganz klar, daß es sich nur um ein Spiel handelte, trotzdem überkam ihn ein Gefühl großen Ernstes. Er kam mit dem Messer zurück. Bella saß auf dem Stuhl, mit blassem Gesicht, die Augen voller Erwartung. Eine heidnische Verzückung strahlte von ihr aus, eine Begierde, die ihn beängstigte.
Er sagte: »Bella, bald wirst du tot sein. Sag, was du zu sagen hast.« »Ich liebe dich.«
»Bist du bereit, zu sterben?« ; »Ja, ich bin bereit.«
Er hielt die Klinge an ihren Hals. »Soll ich zustoßen?« »Ja.«
Mark legte das Messer mit Bedacht auf die Anrichte. Ihm fiel die Geschichte aus der Bibel ein, in der Gott Abraham befahl, seinen Sohn Isaak zu schlachten, und der Engel rief: »Lege deine Hand nicht an den Kna-
ben ...« Es schien alles eine Wiederholung zu sein von etwas, das sich bereits früher zugetragen hatte.
»Seit wann liebst du mich schon?« fragte er in dem ernsten Ton eines Arztes, der einen gefährlich erkrankten Patienten behandelt. Er hörte das Aufeinanderschlagen seiner Zähne.
»Vom Tag an, als ich dich zum erstenmal gesehen habe.«
»Die ganze Zeit?«
»Tag und Nacht.«
Er stand still und horchte auf seinen eigenen Atem. Er keuchte. Er sagte: »Du wußtest doch, daß ich eine Frau hatte.«
Bella antwortete lange nicht. »Ja, ich wußte es, aber ich habe sie verwünscht. Darum ist sie gestorben.«
»Was bist du, eine Hexe?«
»Ja, eine Hexe.«
In diesem Augenblick fiel es Mark auf, daß Bella genau wie die Bilder und
Holzschnitte von Hexen aussah, die man in alten Büchern fand. Alles, was ihr
fehlte, waren Weichselzopf und Runzeln. - Isaac Bashevis Singer, Die Hexe. In: I.B.S., Leidenschaften.
Geschichten aus der neuen und der alten Welt. München 1993. (zuerst 1975)
Hexe (6)
Rosaleen Miriam Norton (2 October 1917 – 5 December 1979)
New Zealand,
was an artist, occultist &
witch
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