Ich hatte einmal eine Liebschaft mit Einer Blindschleiche
angefangen; Wir sind ein Stück Leben zusammen gegangen Im
ungleichen Schritt und Tritt.
Die Sache war ziemlich sentimental. In einem feudalen Thüringer Tal Fand ich – nein glaubte zu finden – einmal Den ledernen Handgriff einer Damenhandtasche. Es war aber keiner.
Ich nannte sie „Blindschl“. Sie nannte
mich Nach wenigen Tagen schon „Eierich“ Und dann, denn sie war sehr gelehrig, Verständlicher abgekürzt „Erich“
Allmittags haben gemeinsam wir Am gleichen Tische gegessen, Sie Regenwürmer mit zwei Tropfen Bier, Ich totere Delikatessen.
Sie opferte mir ihren zierlichen Schwanz. Ich lehrte sie überwinden Und Knoten schlagen und Spitzentanz, Schluckdegen und Selbstbinder binden.
Sie war so appetitlich und nett. Sie schlief Nacht über in
meinem Bett Als wie ein kühlender Schmuckreif am Hals, Metallisch
und doch so schön weichlich. Und wenn ihr wirklich was schlimmstenfalls Passierte,
so war es nie reichlich.
Kein Sexuelles und keine Dressur. Ich war ihr ein Freund und
ein Lehrer, Was keiner von meinen Bekannten erfuhr; Wer mich
besuchte, der sah sie nur Auf meinem Schreibtisch steif neben
der Uhr Als bronzenen Briefbeschwerer.
Und Jahre vergingen. Dann schlief ich einmal Mit Blindschl
und träumte im Betti (Jetzt werde ich wieder sentimental) Gerade,
ich äße Spaghetti.
Da kam es, daß irgendwas aus mir pfiff. Mag sein, daß es fürchterlich
krachte. Fest steht, daß Blindschl erwachte Und – sie, die
sonst niemals nachts muckte – Wild züngelte, daß ich nach ihr
griff Und sie, noch träumend, verschluckte.
Es gleich zu sagen: Sie ging nicht tot. Sie ist mir wieder
entwichen, Ist in die Wälder geschlichen Und sucht dort einsam
ihr tägliches Brot.
Vorbei! Es wäre – ich bin doch nicht blind – Vergebens, ihr
nachzuschleichen. Weil ihre Wege zu dunkel sind. Weil wir
einander nicht gleichen.
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