iderwille   Das junge Mädchen hatte keine weibliche Neigung zum Beißen und Kratzen. Sie verließ sich wie eine junge Bärin auf ihre Stärke, und an Gewicht war sie ihm etwas über. Sie widerstand so steif wie ein Baumstamm seinem Versuch, sie in die Knie zu zwingen. Mit einer plötzlichen Bewegung faßte sie mit den Händen um seine Kehle. Er preßte ihr die Ellenbogen in die Seiten und hielt sie ganz dicht an sich. Sie stand da wie ein Krieger, der, das Heft seines erhobenen Schwertes pressend, schwört, daß er siegen oder sterben wolle. Er hatte nicht gewußt, wie stark ihre Hände und Handgelenke waren. Nach Luft ringend, den Mund voll Blut, sah er das ganze Zimmer von der einen Seite zur anderen schaukeln . Rote und schwarze Flecken schwammen vor ihm her. Da griff er nach dem Sieg eines letzten Augenblicks. Mit der Hand um ihr Genick drückte er ihren Kopf nach vorn und preßte seinen Mund auf den ihren. Ihre Zähne scheuerten gegen seine Zähne. Auf der Stelle spürte er durch seinen ganzen Leib, der von den Knien bis zu den Lippen an dem ihren klebte, die entsetzliche Wirkung, die sein Kuß auf das Mädchen hatte. Sie konnte ihr Lebtag nicht geküßt worden sein, ja, sie konnte nicht einmal von Küssen gehört oder gelesen haben. Dieser Kuß, der mit Gewalt genommen wurde und ihr gänzlich unerwartet kam, erfüllte ihr ganzes Wesen mit einem Abscheu bis zum Sterben. Das Blut wich aus ihren Wangen, so als habe er einen Degen quer durch sie hindurchgejagt. Sie erstarrte in seinen Armen wie eine Blindschleiche, die man berührt. So schien alle Kraft und Gelenkigkeit, gegen die er gekämpft hatte, zurückzuweichen wie eine Woge vor einer Badenden. Er sah, wie ihr Blick sich trübte, und ihr Gesicht, ganz dicht an dem seinen, farblos wurde wie das Gesicht eines Leichnams. Sie fiel so plötzlich, daß er mit hinuntermußte, wie eine Ertrinkende, die an einem schweren Stein befestigt ist. Sein Gesicht schlug auf das ihre auf.

Er erhob sich auf die Knie und dachte, sie sei tot. Als er sah, daß es nicht der Fall war, besann er sich einen Augenblick. Dann hob er sie mühsam hoch und legte sie aufs Bett. Jetzt glich sie in der Tat der ruhenden Statue eines jungen, gepanzerten Ritters, der im Kampf gefallen ist, auf einem steinernen Sarkophag. Ihr Gesicht hatte den Ausdruck tödlichen Widerwillens bewahrt. - (blix)

Widerwille (2) Um bis ans Ende der Ekstase zu gehen, wo wir uns im Sinnengenuß verlieren, müssen wir ihm immer die unmittelbare Grenze ziehen: diese Grenze ist der Schrecken. Nicht allein der Schmerz, der Schmerz anderer oder mein eigener, vermag mich dem Augenblick näherzubringen, da der Schrecken mich erfaßt und in mir den ins Delirium übergehenden Freudenzustand erzeugt. Es gibt nicht eine einzige Art von Widerwillen, in der ich nicht eine Affinität zum Verlangen erkenne. Der Schrecken vermischt sich zwar nie mit der Anziehung: aber wenn er sie nicht aufhalten, sie nicht zerstören kann, verstärkt der Schrecken die Anziehung. Die Gefahr lahmt, aber wenn sie weniger bedrohlich ist, kann sie das Verlangen erregen.Wir erreichen die Ekstase nicht, wenn wir nicht - und sei es nur in der Ferne - den Tod, die Vernichtung vor uns sehen. - (bat)
 
 

Wille

 

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AbscheuAbscheu
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