auer Von den zahlreichen Lebewesen auf Dürers späteren Bildern von Hof und Feld sind Bauern und Bäuerinnen mit dem geringsten Mitgefühl und Verständnis dargestellt. Nur in frühen Arbeiten oder wo sie biblische oder Gestalten der klassischen Antike verkörpern, erscheinen sie als schlichte und einfache, wenn auch nicht immer liebenswerte Menschen. In seinem Spätwerk dagegen geraten sie grobschlächtig und immer beschränkter, mit breiten, steifen Kinnbacken und dümmlicher Miene, einzig durch Gier oder Lüsternheit aufgeheitert. Das Zusammenleben und der Umgang mit Tieren hat sie, so scheint es, tierisch gemacht. So zeigt die Darstellung eines Bauernpaars einen leicht debil aussehenden Mann in merkwürdig x-beiniger Haltung, die der Stein mit Dürers Monogramm zwischen seinen Füßen noch betont. Er scheint kaum in der Lage, der vorzeitig gealterten Frau an seiner Seite die Hand zu reichen. Die Frau allerdings ist trotz ihrer schweren Last ihrer fünf Sinne wie auch ihrer Siebensachen - Geflügel in der Hand, Eierkorb und Milchkrug, vor ihr - durchaus mächtig.
Wenn Dürer seine Leutchen vom Land in Volkstänzen jämmerlich herumstolpem
läßt oder mit Pötten, Körben und Forke abbildet, spricht er ihnen beinahe ihre
menschliche Natur ab. Da sie sich seine Arbeiten mit Sicherheit nicht leisten
konnten, erwuchs ihm durch diese herablassende Verunglimpfung natürlich auch
kein Verlust. - Colin Eisler, Dürers Arche Noah. Tiere und Fabelwesen im Werk
von Albrecht Dürer. München 1996 (zuerst 1991)
Bauer (2) Jesús fährt weg,
und läßt alles so zurück, wie er es vorgefunden hat. Gut, es stimmt, er hat
ein paar Männer umgebracht und einen Erhängten
gesehen, und er ist dafür verantwortlich, daß eine Leiche aus dem fünfzehnten
Stock geworfen wurde, das stimmt, aber diese Dinge sind in der Stadt ganz normal,
die Zeitungen berichten von nichts anderem: Morgen, wenn er schon nicht mehr
da sein wird, werden die Barcelonesen sich weiterhin Kugeln und Schläge verpassen,
sich aus den Fenstern stürzen und sich gegenseitig umlegen. ,Um Himmels willen,
Kleiner, die Stadt ist wirklich eine andere Welt, da kann alles mögliche passieren,
du.' Es wundert ihn, daß er für das, was er erlebt hat, weder Schuld
noch Reue empfindet. Er spürt lediglich eine gewisse
Unruhe in seinem Herzen, die Ungeduld, endlich zu Gracieta
und den Kindern zu kommen. Heute wird er, nachdem er ein wenig geschlafen hat,
die Olivenbäume beschneiden. Vielleicht würde er, wenn er darüber nachdächte,
eine gewisse Befriedigung verspüren, so ähnlich wie die, die er verspürt, wenn
er vom Pflügen zurückkommt, wenn er alles herausgeschrien hat; einen Hauch von
Euphorie, wie die, die er empfand, nachdem er mit seinem
Gewehr auf das Wildschwein geschossen hat. Das
Monster, das plötzlich zwischen den Buchsbäumen Gestalt annahm, und er hatte
große Angst, unvorstellbare Angst, und danach, als er sah, wie das Biest taumelte
und wie ein Sack zu Boden fiel, überkam ihn ein enthusiastisches Machtgefühl.
Er hat einmal jemanden sagen hören, daß die Leute vom Land härter, vielen Dingen
gegenüber weniger sensibel sind, als die Leute aus der Stadt. Je nachdem, kann
er es sogar bestätigen. So sehr ein Bauer auch an seinem Hund hängt, er würde
keinen Augenblick zögern, ihm eine mit dem Knüppel überzuziehen, wenn das Tier
sich ihm gegenüber niederträchtig verhält. Und wenn es stirbt, würde er es nie
beerdigen oder ihm ein Grabmal setzen. Jesus hat bitterlich geweint (im Stall
versteckt), als seine Hündin Piula gestorben ist, aber nachdem die Trauer vorbei
war, hat er sie in den Wildbach geworfen und nie wieder an sie gedacht. Der
Bauer ist es leid, das Schlachtfest zu feiern, sich mit Blut zu beschmutzen
und das ohrenbetäubende, hysterische Grunzen der Schweine zu hören. Vielleicht
spürt Jesús deshalb, als er Barcelona verläßt, weder Schuld noch Reue.
Er hat noch nicht einmal mehr das Bedürfnis, das Grab seiner Schwester zu besuchen.
- Andreu Martín, Don Jesús in der Hölle. Moos - Baden-Baden 1991
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