Obwohl die Töpferei in Kalifornien nur rudimentär
und sporadisch vorkommt (wo sie von einer Korbflechterei von seltener
Vollkommenheit ersetzt wird, die so wasserundurchlässig ist, daß
sie zur Küchenarbeit benutzt werden kann), gebärden sich diese
vaginal verhaltenden Frauen doch als »eifersüchtige
Töpferinnen«, die der Nachtschwalbe
kongruent sind, dem Symbol der oralen Gier, unter dem Vorbehalt einer
Transformation oben —> unten. -
(str)
Gier
(2)
Warum aßen die Azteken
und ihre Götter die Kriegsgefangenen auf, statt sie als Bauern und Sklaven arbeiten
zu lassen, wie das andere staatlich organisierte
Gesellschaften taten? Meine Antwort ist, daß es im Unterschied zu praktisch
allen anderen staatlichen Gesellschaften die Azteken nie geschafft hatten, jene
Tierarten zu zähmen, deren sich die anderen für ihre priesterlichen Umverteilungsfeste
bedienten. Das heißt es fehlten ihnen Wiederkäuer wie Schafe, Ziegen,
Rinder, Lamas oder Alpakas, die sich von Gras und Laub ernähren, das für Menschen
unverdaulich ist. Und sie hatten auch keine Schweine,
die in Ostasien als Resteverwerter eine so große Rolle spielen. Statt dessen
waren ihre Hauptfleischquellen im Haustierbereich Truthahn und Hund, die sich
beide unter vorindustriellen Bedingungen schlecht für eine massenhafte Fleischerzeugung
eignen. Weder Truthähne noch Hunde können von Gras oder anderen Pflanzen mit
hohem Zelluloseanteil leben und müssen deshalb mit pflanzlicher Nahrung gefüttert
werden, die auch die Menschen selber verzehren. Als Fleischfresser
sind Hunde besonders ungeeignet für die Erzeugung tierischen
Fleischs in größerem Maßstab. Welchen Sinn hat es, Fleisch an Hunde zu verfüttern,
um Fleisch für Menschen zu bekommen? Die Azteken bemühten sich tatsächlich,
Hunderassen zu züchten, die sich mit gekochter pflanzlicher Nahrung mästen ließen;
aber daß sie dies taten, beweist nur, wie groß ihre ungestillte Gier nach Fleisch
war. - (
mensch
)
Gier
(3)
Was ich angesichts
der Gewalt- und Verbrechenspolitik und ihrer von nichts sonst mehr ansprechbaren
Täter und Zuschauer und Leser empfinde, ist nicht
Ekel, sondern Verzweiflung;
sekundenlang, bei einem Artikel über abgeschlagene Köpfe in..., glaubte ich
gerade, sterben zu müssen, aus ohnmächtiger Wut nicht
etwa über die beschriebenen Zustände, sondern über den Beschreiber und mich,
den gierigen »Leser« - (
bleist
)
Gier
(4)
Als ich mißbilligend
erwähnte, daß mein Vater zum
zweitenmal heiraten wolle, was eine Herabwürdigung seiner ersten Frau bedeute,
meinte Johnson: «Durchaus nicht. Im Gegenteil, hätte er nicht mehr geheiratet,
so hätte man daraus schließen können, seine erste Frau habe ihm den Ehestand
verleidet. Dadurch, daß er sich eine zweite Frau nimmt, zollt er der ersten
die höchste Anerkennung; er gibt damit kund, in seiner ersten Ehe so glücklich
gewesen zu sein, daß er nicht genug davon kriegen kann.» - (
johns
)
Gier
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Gier
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Gier
(7) So gierig ist die Mücke
im Augenblick des Blutsaugens, daß sie währenddem die ganze Außenwelt zu vergessen
scheint, und wenn sie ihren Zweck erreicht hat, taumelt sie in einem förmlichen
Blutrausch einher, ähnlich wie wir ihn von den
marderartigen Raubtieren kennen. Bisweilen wird ihr diese unersättliche Gier
rasch zum Verhängnis. So sah ich einmal, wie eine Mücke sich auf meiner Hand
derartig vollsog, daß ihre zarten Magenwände dem Druck nicht standhielten und
sie plötzlich zerplatzte, wobei meine ganze Hand mit
Blutströpfchen bespritzt wurde. -
Kurt Floericke, Plagegeister
Gier
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Gier
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Gier
(10) Für einen Augenblick waren Carlos
Brüste prall wie das Euter
einer seit Tagen nicht gemolkenen Kuh: er spürte das Verlangen zu säugen,
ein gieriges, quälendes, nicht zu befriedigendes Verlangen; zu säugen bis zur
Selbstauflösung, bis zum Tod durch Auszehrung, da, auf der Erde, auf diesem
widerlichen Asphalt. Sie, diese jungen Gebieter —die von wer weiß woher auf
die Erde herabgestiegen und bereits so entschlossen waren, auf ihr zu wohnen,
sich bereits so auf ihr auskannten -, sie sollten an ihm nuckeln - weil ihnen
dieses Recht zustand ---, bis kein Leben mehr in ihm war. Doch diese taumelnde
Gier der Brüste war nichts im Vergleich zu der seines Schoßes: die war genauso
und das Gegenteil. Hier saß ein anderes Verlangen nach diesen jungen Gebietern,
das befriedigt werden mußte: das Verlangen, das sie ihrerseits hatten, zu geben
und zu sterben, auch wenn ihnen das nicht im entferntesten bewußt war, und das,
wonach sie verlangten, war nichts anderes als das Finden einer bestimmten Lust,
die nur ihnen bekannt war. Daß der Wille, diese Lust in etwas Reales zu verwandeln,
nur eine vorübergehende, wenn auch unbezähmbar wilde Anmaßung war und das Bewußtsein
an das alles nicht mehr als ein Windhauch, verringerte keineswegs, sondern steigerte
nur das Verlangen, sich in ihre Dienste zul stellen, sie zu befriedigen, sie
machen zu lassen, mit soviel liebloser Brutalität, wie sie wollten. - Pier Paolo Pasolini, Petrolio. Berlin 1994
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