uphorie   Schreiben an Herrn Ljungberg von Herrn S. im Rausch geschrieben.

Mein lieber Freund, mehr habe ich wohl noch nie an einen Freund geschrieben als ich jetzo an dich schreibe. Und was denn? Die Beschreibung einer der schönsten Kreaturen, die für uns vielleicht gelebt hat. Bedenke der schönsten! das ist viel gesagt, aber ich kenne dich, und das macht mich so zuverlässig. Stelle dir ein Mädchen vor, nicht sehr reich, aber doch für ihren Stand wohlhabend, gutherzig und die jedermanns Vergnügen wünscht und vielleicht (ich getraue kaum diese Zeile zu schreiben) auch gern befördert und es zuverlässig befördern kann. Nicht sehr groß, mehr fleischigt als fett, gewachsen wie, wie - - - wie das schönste Mädgen gewachsen sein muß, wie ein Bogen, wo aber die konvexe Seite Brust, Bauch und Schenkel werden. Zart, Bescheidenheit und alle Tugenden in dem feinen Gesicht, Gutherzigkeit, Geschmack, Schätzerin von Munterkeit und liebenswürdigem Leichtsinn. Ihr Busen - O! Ljungberg, Ljungberg, wie viel, wie viel war da. Menschliche Wollust, das höchste Werk des Vollkommenheit suchenden Himmels. Wollust, du kennst dieses Wort in unserer Bedeutung, in unserer gefühlvollen Bedeutung, diese wohnte auf  ihr. Verständlich sind diese Zeilen für uns, Nonsense vielleicht für alles Übrige was lebt. Ihre Sprache! Engel, sprecht so, ich bin fromm, ich bin gottselig, ich bin Engel. Ihr Kuß, zu hoch sind meine Empfindungen nun gestimmt als daß irdische Worte - - - Nonsense der Entzückung, Nonsense, Nonsense. Gedacht, gefühlt ist besser als gesprochen, Himmel gefühlt ist ausgedrückt Nonsense. Nonsense. Schweigt oder lernt besser Deutsch. Kein Deutsch für diese Empfindungen, kein Deutsch. Gottsched, was bist du, Riedel, Kästner, Wieland, Rosenfarb und Silber, Amen! *

* gerast gegen Ende des Februars 1769 da der Saft anfing in die Bäume zu steigen. Viel Nonsense was im Rausch Vernunft zu sein schien. - (licht)

Euphorie (2) - Tin Soldier, Marriott / Lane ("Small Faces" 1967, EMI)

Euphorie (3) Roussel sagte gerne, er habe bis auf seine Kindheit nie eine Stunde voll Glück gehabt und beschrieb seine Angst als ein Keuchen, ein Erstickungsgefühl. Doch in Palermo findet er die vollkommene »Euphorie«: er kümmert sich nicht mehr um seinen Ruhm, der nicht anerkannt worden ist, ebensowenig wie um seine Schriften; er sagt, er gäbe alles auf der Welt für einen Augenblick der Euphorie hin. »Schneidet, schneidet, aber gebt mir mein Rauschgift!« sagte er eines Tages, als ihm die Drogen fehlten, und wollte damit sagen, daß ihm die Amputation seiner beiden Arme und seiner beiden Beine wünschenswerter schien als ein derartiger Entzug.

Charlotte Dufrène zufolge hatte Roussel, wenn er unter Drogen stand, Geschmack am Tod, vor dem er früher Angst hatte. Eines Morgens gegen sieben Uhr findet man ihn blutend in seinem Badezimmer; er hatte sich die Venen mit seinem Rasiermesser geöffnet und lachte schallend, während er sagte: »Wie leicht es ist, sich die Venen zu öffnen ... Das ist gar nichts.«   - Michel Leiris, Konzeption und Realität bei Raymond Roussel. In: R.R. Eine Dokumentation. Hg. Hanns Grössel. München 1977

 

Rausch Glück

 

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