Wortgeplänkel Zum Schluß wollen wir einen kurzen Auszug aus dem Buch Chaosmose zitieren, das Félix Guattari 1995 verfaßt hat. Dieser Absatz enthält die brillanteste Mischung aus wissenschaftlichem, pseudowissenschaftlichem und philosophischem Jargon, die uns jemals untergekommen ist; nur ein Genie konnte so etwas schreiben.

Es läßt sich klar erkennen, daß es, je nach Autor, keine umkehrbare Eindeutigkeit zwischen linearen Gliedern eines Wortgeplänkels oder Arche-Schrift und dieser multireferentiellen, mehrdimensionalen maschinischen Katalyse gibt. Die Symmetrie des Maßstabs, die Transversalität, der pathische, nicht-diskursive Charakter ihrer Ausdehnung: all diese Dimensionen entfernen uns von der Logik der ausgeschlossenen Mitte und bestärken uns in unserer Ablehnung des zuvor kritisierten ontologischen Binarismus. Durch ihre unterschiedlichen Bestandteile zieht eine Assemblage von Maschinen ihre Schlüssigkeit aus dem Überschreiten ontologischer Schwellen, nichtlinearer Schwellen der Unumkehrbarkeit, ontologischer und phylogenetischer Schwellen, schöpferischer Schwellen der Heterogenese und Autopoiese. Der Begriff des Maßstabs muß erweitert werden, um fraktale Symmetrien in ontologischen Begriffen zu betrachten. Was fraktale Maschinen überqueren, sind substantielle Maßstäbe. Sie überqueren sie, indem sie sie erzeugen. Aber, und dies sollte festgehalten werden, die exi-stentiellen Ordinaten, die sie "erfinden", waren immer schon da. Wie läßt sich dieses Paradox erhalten? Es liegt daran, daß alles möglich wird (einschließlich der von René Thom geschilderten rezessiven Glättung der Zeit), sobald man der Assemblage erlaubt, den Koordinaten von Energie, Raum und Zeit zu entfliehen. Und hier gilt es wiederum, eine Weise, das Sein zu sein, wiederzuentdecken - davor, danach, hier und überall sonst -, ohne jedoch mit sich selbst identisch zu sein; ein prozeßhaftes, polyphones Wesen, das durch unendlich kom-piizierbare Strukturen singularisierbar ist, entsprechend der unendlichen Geschwindigkeiten, die ihre virtuellen Kompositionen beleben.

Die hier vorgeschlagene ontologische Relativität ist nicht von einer Relativität des Ausdrucks zu trennen. Die Kenntnis eines Universums (in einem astrophysikalischen oder axiologischen Sinne) ist nur durch die Vermittlung autopoietischer Maschinen möglich. Irgendwo muß eine Zone des Selbstgehörens existieren, damit ein Wesen oder die Modalität eines Wesens zum kognitiven Leben erweckt werden kann. Außerhalb dieser Kopplung Maschine/Universum besitzen Wesen nur den reinen Status einer virtuellen Einheit. Und dasselbe gilt für ihre Ausdruckskoordinaten. Die auf diesem Planeten gekoppelten Biosphäre und Mecanosphare konzentrieren sich auf eine Perspektive des Raums, der Zeit und der Energie. Sie beschreiben einen Winkel der Konstitution unserer Galaxie.

 Außerhalb dieser partikularisierten Perspektive existiert das übrige Universum (in dem Sinne, daß wir Existenz hier-unten hegreifen) nur durch die virtuelle Existenz anderer autopoietischer Maschinen im Zentrum anderer durch das Weltall verstreuter Bio-Mecanosphären. Trotz alledem absorbiert die Relativität der Perspektiven von Raum, Zeit und Energie nicht das Reale in den Traum. Die Kategorie der Zeit löst sich in kosmologische Reflexionen über den Urknall auf, obgleich die Kategorie der Unumkehrbarkeit bestätigt wird. Die Restobjektivität widersetzt sich der Abtastung durch die unendliche Variation darauf konstituierbarer Perspektiven. Stellen Sie sich eine autopoietische Einheit vor, deren Teilchen aus Galaxien konstruiert sind. Oder, umgekehrt, eine im Maßstab von Quarks konstituierte Kognitivität. Ein anderes Panorama, eine andere ontologische Beschaffenheit. Die Mecanosphäre entzieht und aktualisiert Konfigurationen, die unter unendlich vielen anderen in Feldern der Virtualität leben. Existentielle Maschinen sind auf derselben Ebene wie in ihrer inneren Vielfalt. Sie werden nicht durch transzendente Signifikanten vermittelt und durch eine eindeutige ontologische Begründung zusammengefaßt. Sie sind sich selbst ihr eigenes Material semiotischen Ausdrucks. Existenz als ein Prozeß der Entterritorialisierung ist ein spezifisch intermaschinischer Vorgang, der sich selbst über die Förderung singularisierter existentieller Intensitäten legt. Und, ich wiederhole, es gibt keine verallgemeinerte Syntax für diese Entterritorialisierungen. Existenz ist nicht dialektisch, nicht darstellbar. Sie ist kaum lebbar! (Guattari 1995)

  - Nach: Alan Sokal, Jean Bricmont, Eleganter Unsinn. Wie die Denker der Postmoderne die Wissenschaften mißbrauchen. München 2001

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