Unheilbarkeit  Wenn ein Mensch einen anderen beißt, wahrend dieser gerade Linsen ißt, ist die Bißwunde unheilbar.   - Les admirables secrets d'Albert le Grand, nach (cort)

 Unheilbarkeit (2)

DAS UNHEILBARE

I

Eine Idee, eine Form, ein Wesen, das die Bläue verließ und stürzte in einen schlammversiegelten Styx, wohin kein Auge des Himmels dringt;

Ein Engel, der unbehutsam aufbrach, weil ihn die Liebe zum Ungestalten versuchte, am Grunde eines ungeheuren Alptraums sich wehrend wie ein Schwimmer

Und, grasse Ängste! ankämpfend gegen einen Riesenwirbel, der singend wie die Narren durch die Finsternisse kreiselt;

Ein unselig Verhexter in seinem vergeblichen Tasten und Tappen, wenn er, um einer Stätte voll Gewürm zu entrinnen, das Licht sucht und den Schlüssel;

Ein Verdammter, ohne Lampe am Rande eines Abgrunds, dessen Dunst die feuchte Tiefe ihm verrät, herniedersteigend endlose Treppen ohne Geländer,

Wo schleimige Ungetüme wachen, deren weitaufgerissene Phosphoraugen die Nacht noch tiefer schwärzen und nur sich selber sichtbar machen;

Ein Schiff, im Eis des Pols gefangen wie in einer Falle aus Kristall, forschend, durch welch verhängnisvolle Enge es in dies Verlies geriet;

— Deutliche Embleme, vollkommenes Bild unheilbaren Verhängnisses, das den Gedanken eingibt, daß der Teufel alles, was er tut, stets ganz vortrefflich tut!

II

Welch düster-lichtes Aug-in-Auge, sein eigener Spiegel geworden, ein Herz! Brunnen der Wahrheit, klar und schwarz, in dem ein fahler Stern bebt,

Ein Leuchtfeuer höllischen Spotts, Fackel satanischer Huld, Linderung einzig und einziger Ruhm — die Bewußtheit im Bösen!


- Charles Baudelaire, Die Blumen des Bösen (zuerst 1857). Übs. Friedhelm Kemp Frankfurt am Main 1966 (Fischer Tb. 737)
 
 

Heilkunst

 

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