iebenmonatskinder
sind die einzigen, deren Blick die Eltern verantwortlich
macht, so daß diese wie ertappte Diebe dasitzen neben den Bestohlenen. Sie haben
den Blick, der zurückfordert, was ihnen genommen wurde, und wenn ihr Denken
aussetzt, so ist es, als suchte es den Rest, und sie starren zurück in die Versäumnis.
Andere gibt es, die denkend solchen Blick annehmen, aber den Blick, der dem
Chaos erstatten möchte, was sie zuviel bekommen haben. Es sind die Vollkommenen,
die fertig wurden, als es zu spät war. Sie sind mit dem Schrei der Scham auf
eine Welt gekommen, die ihnen nur das eine, erste, letzte Gefühl beläßt: Zurück
in deinen Leib, o Mutter, wo es gut war! -
Karl Kraus, nach: Erinnerung an Georg Trakl. Hg. Ludwig von Ficker. Salzburg 1966
Siebenmonatskind
(2) Galdan zog, als er drei Jahre alt war,
schon in den Krieg, tötete den bei den Uiguren geborenen zweiten Dämonen-Recken,
und als er in dessen Haus eindrang, da war die Gemahlin des Dämons schwanger.
Da sagte Galdan: »Wenn die Wurzel schlecht ist, ist
auch der Wipfel schlecht!« Als er dann den Leib der Gemahlin öffnete, erhob
sich daraus das sieben Monate alte Söhnchen. »Wenn ich zehn Monate erreicht
und die gelbe Muttermilch gesaugt hätte, wie würde ich da für den Vater Rache
nehmen! Vom Geburtsschleim gesäubert und in eine angeschissene Windel gewickelt,
nehme ich nun für die Mutter Rache!«, sagte es und fiel Galdan an. Wenn dieser
das Kind packte und hinwarf, stand es immer wieder auf. Als es soweit war, daß
es auf keine Weise zu besiegen war und Galdan keinen Rat mehr wußte, da rief
dieser mit der Zunge schnalzend sein Pferd herbei. Dieses sprang nun auf das
Lehmhaus oben hinauf und schlug durch die Gewalt seines Aufpralls ein Loch in
das Dach. Das eindringende scharfe Sonnenlicht blendete die Augen des Dämonen-Säuglings,
der stolperte und stürzte, und nun besiegte ihn Galdan. -
Mongolische Märchen. Hg. Walter Heissig. München 1993 (Diederichs, Märchen
der Weltliteratur)
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