Schleifen  Das Licht am Ende des Korridors begann in Placks Gesichtsfeld zu tanzen. Er hörte auf zu pfeifen, sagte: »Bli-blug, bli-blug, bli-blug.« Schön, so dahinzureden, Nonsens von sich zu geben. Da spürte er, daß etwas von ihm über den Boden schleifte. Etwas, das mehr war als irgend etwas; ein Teil von ihm schleifte am Boden.

Er blickte nach unten und sah, daß es die Finger seiner Hände waren, die über den Boden schleiften.

Die Finger seiner Hände schleiften über den Boden. Zehn Empfindungen schnitten gleichzeitig in Placks Gehirn, den diese plötzliche Neuigkeit ergrimmte. Er wollte es nicht glauben, aber so war es. Seine Hände ähnelten den Ohren eines afrikanischen Elefanten. Riesige Schirme aus Fleisch, die über den Boden schleiften.

Trotz des Horrors mußte er hysterisch lachen. Die Handrücken kribbelten ihm; jeden Spalt zwischen den Fliesen empfand er wie Schmirgelpapier auf seiner Haut. Er wollte eine Hand heben, aber er vermochte es nicht. Jede Hand mußte an die fünfzig Kilo wiegen. Es gelang ihm nicht einmal, sie zu schließen. Bei der Vorstellung, was für Fäuste sie abgegeben hätten, schüttelte er sich vor Lachen. Was für Pranken! Still und leise zu Carry zurückkehren mit Fäusten so groß wie Petroleumfässer, ihm eine dieser kolossalen Fäuste entgegenstrecken, sie langsam öffnen, so daß die Fingerglieder, die Nägel zum Vorschein kommen, Carry auf die linke flache Hand setzen, sie mit der rechten zudecken und Carry zwischen den riesigen Handflächen hin- und herrollen wie einen Klumpen Nudelteig, geradeso -wie Margie das jeden Donnerstag mittag machte. Ihn fröhlich pfeifend hin- und herrollen, bis Carry mürbe wäre wie alter Zwieback.

Plack erreichte schließlich den Ausgang. Die Hände über den Boden schleifend, kam er kaum voran. Bei jeder Unregelmäßigkeit des Fliesenbodens spürte er, wie seine Nerven sich sträubten. Er begann leise zu fluchen, alles, so schien ihm, wurde rot, doch das mußte an den Scheiben der Tür liegen.

Das Hauptproblem war, die verdammte Tür zu öffnen. Plack glaubte es dadurch zu lösen, daß er ihr einen Fußtritt versetzte und den Flügel, sowie er aufschwang, mit dem Körper offenhielt. Dennoch gingen die Hände nicht durch die Öffnung. Sich seitlich stellend, wollte er zuerst die rechte Hand passieren lassen und dann die linke. Doch er konnte weder die eine noch die andere hindurchzwängen. Er dachte: ›Laß sie einfach hier.‹ Er dachte es, als wäre das allen Ernstes möglich.  - Julio Cortazar, Die Nacht auf dem Rücken. Die Erzählungen Bd. 1. Frankfurt am Main 1998

 

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