chächter   Der Schächter war klein und alt. Über dem weißen Gesicht erhob sich eine schwarze Kegelmütze, und ein schmaler Bart berührte den Überwurf aus weißer Wolle. Aus diesem zog er das rechteckige Messer und prüfte die Schärfe auf dem Daumennagel. Kainz warf ein Schaf auf den Rücken und kniete darauf. Mit priesterlicher Gebärde legte der Schächter die Hand auf das Maul des Tieres, drückte den Kopf gegen den Boden und fuhr, gedankenvoll sägend, mit dem Messer hin und her. Der Hals klaffte. Nur spärlich rann das Blut. In dem Schnitt war ein weißer Kreis sichtbar, und Luftblasen platzten mit leichtem Geräusch. Kainz sank auf den Knien tief in die Brust des Tieres.

Lös aber blickte in die Augen des Juden. Sie sahen durch die blutbespritzte Lehmmauer hindurch, irgendwo in eine unsichtbare Vergangenheit. Das Messer in der erstarrten Hand sah lächerlich altertümlich aus, wie ein Schermesser. Es wippte, kaum wahrnehmbar, im Takte des menschlichen Herzschlags und war überzogen von einem dünnen Blutschleier.

Der Schächter wischte das Messer ab am Saume seines Mantels; ein zartes rötliches Ornament blieb zurück. Der Jude starrte auf die fernen Bergzüge, die über die Lehmmauer ragten, sich aufwellten aus dem Blau und wieder darin versanken.

Und jedesmal, beim Schlachten der übrigen Schafe, erhielten die Augen des Juden einen Ausdruck stummen, sich erinnernden Gehorsams, der eine unbekannte Vergangenheit hineinzerrte in einen stinkenden Hof, wo Fliegenschwärme um Kothaufen summten und ein dicker Hund, schier mit dem gleichen sich erinnernden Blick, das rieselnde Blut mit träger Zunge lappte.  - (gou)

 

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