amensaussprache Cinoc zog 1947 in die Rue Simon-Crubellier, einige Monate nach dem Tode Helène Brodin-Gratiolets, deren Wohnung er übernahm. Sogleich stellte er die Leute im Haus und vor allem Madame Claveau vor ein schwieriges Problem: Wie sollte man seinen Namen aussprechen? Die Concierge wagte ihn natürlich nicht »Sinoque« zu nennen. Sie fragte Valène, der »Cinoche« vorschlug, Winckler, der sich für »Tchinotch« entschied, Morellet, der zu »Cinots« neigte, Mademoiselle Crespi, die »Chinosse« empfahl, Frangois Gratiolet, der »Tsinoc« nahelegte und schließlich Monsieur Echard, der, als Bibliothekar in fremden Schreibweisen und den entsprechenden Aussprachen versiert, nachwies, dass es, ohne eine eventuelle Veränderung des mittleren »n« in »gn« oder »nj« in Betracht zu ziehen und grundsätzlich ein für alle mal gelten lassend, dass die »i« als »i« und die »o« als »o« ausgesprochen wurden, vier verschiedene Möglichkeiten gab, das erste »C« auszusprechen: »s«, »ts«, »ch« und »tch« und fünf Möglichkeiten für das letzte: »s«, »k«, »ich«, »ch« und »ts« und dass es infolgedessen unter Berücksichtigung des Vorhandenseins oder des Fehlens dieses oder jenes Akzents oder diakritischen Zeichens und der phonetischen Besonderheiten dieser oder jener Sprache, dieses oder jenes Dialekts, allen Grund gab, unter den folgenden zwanzig Aussprachemöglichkeiten zu wählen:
SINOSSE |
SINOK |
SINOTCH |
SINOCH |
SINOTS |
TSTNOSS |
TSINOK |
TSINOTCH |
TSINOCH |
TSINOTS |
CHINOSS |
CHINOK |
CHINOTCH |
CHINOCH |
CHINOTS |
TCHINOSSE |
TCHINOK |
TCHINOTCH |
TCHINOCH |
TCHINOTS |
Worauf sich eine Delegation bildete, die dem Hauptbetroffenen diese Frage
vorlegte, der zur Antwort gab, dass er selber nicht wisse, welches die korrekteste
Aussprache seines Namens sei. Der ursprüngliche Nachname seiner Familie, der,
den sein Urgroßvater, ein Sattler aus Szczyrk, offiziell auf dem Standesamt
der Bezirkshauptmannschaft Krakau gekauft hatte, war Kleinhof; aber von Generation
zu Generation, von Passverlängerung zu Passverlängerung hatte der Name, sei
es, weil man die deutschen oder Österreichischen Bürovorsteher nicht genügend
schmierte, sei es, weil man sich an ungarische, poldewische, mährische oder
polnische Beamte wendete, die »v« lasen und »ff« hinschrieben oder die als »c«
eintrugen, was sie als »tz« hörten, sei es, weil man es mit Leuten zu tun hatte,
die sich nie sonderlich hatten anstrengen müssen, um wieder etwas ungebildet
und einigermaßen schwerhörig zu werden, wenn es darum ging, einem Juden Ausweispapiere
auszustellen, nichts von seiner ursprünglichen Aussprache und nichts von seiner
ursprünglichen Orthographie behalten und Cinoc erinnerte sich, dass sein Vater
ihm erzählte, dass sein Vater wiederum von Vettern sprach, die er hatte und
die Klajnhoff, Keinhof, Klinov, Szinowcz, Linhaus usw. hießen. Wie war aus Kleinhof
Cinoc geworden? Cinoc wusste es nicht genau; er wusste mit Sicherheit nur, dass
das »f« am Ende eines Tages durch dieses besondere Zeichen (ß) ersetzt worden
war, das bei den Deutschen für ein doppeltes »s« steht; dann war wahrscheinlich
das »l« weggefallen oder aber man hatte ein »h« an seine Stelle gesetzt; so
war man zu Khinoss oder Kheinhoss gekommen und von da vielleicht zu Kinoch,
Tsinoc, Cinoc usw. Auf jeden Fall war es wirklich zweitrangig, ob man es so
oder so aussprach. - (per)
|
||
|
|
|