ai   Es war ein strahlender Mai, wie man ihn nur ganz selten erlebt, ein Mai, der einen mit seinem Leuchten und seinem Duft an die Kindheit erinnert. Maigret nannte ihn einen Mai des Lobgesangs, denn er ließ ihn zugleich an seine erste Kommunion und seinen ersten Pariser Frühling denken, als alles für ihn neu und wunderbar war.

Auf der Straße, im Autobus, in seinem Büro fühlte er sich manchmal plötzlich durch einen fernen Klang, durch einen Hauch warmer Luft, durch den hellen Fleck einer Bluse in die Zeit vor zwanzig oder dreißig Jahren zurückversetzt.

Als sie sich am Abend vorher hatten aufmachen wollen, um mit den Pardons zu essen, hatte ihn seine Frau fast errötend gefragt: »Sehe ich in meinem Alter in einem geblümten Kleid nicht lächerlich aus?«

Ihre Freunde Pardons hatten an diesem Abend eine Neuerung eingeführt. Statt Maigrets zu sich einzuladen, hatten sie sie in ein kleines Restaurant am Boulevard Montparnasse gebeten, wo sie alle vier auf der Terrasse gesessen hatten.

Maigret und seine Frau hatten sich verstohlen angeblickt, denn auf dieser Terrasse hatten sie vor dreißig Jahren zusammen gegessen.

»Gibt es Hammelragout?«

Die Besitzer hatten gewechselt, aber auf der Karte stand immer noch Hammelragout. Die Lampen auf den Tischen waren etwas wacklig. In Kübeln prangten Blattpflanzen, und es gab Chavignol in Karaffen.

Sie waren alle vier sehr heiter.  - Georges Simenon, Maigret und die alten Leute. München 1976 (Heyne Simenon-Kriminalromane 53, zuerst 1960)

 

Frühling Heiterkeit Monat

 

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