eiche, warme
- Es ging um einen jungen Hafenarbeiter, der bei einem Autounfall ums
Leben kam. Er bekam innere Blutungen, infolge eines Leberrisses. Er
wurde mit Erfolg operiert, wie die Ärzte sagten... überstand aber die
Operation nicht. Seine Leiche verschwand vor Tagesanbruch. Den Zeitpunkt
konnten wir mit außergewöhnlicher Genauigkeit bestimmen, weil gegen
drei Uhr morgens ein gewisser Burton starb, dessen Schwester (er
lebte mit seiner Schwester zusammen) sich so davor fürchtete, mit dem
Verstorbenen in der Wohnung allein zu bleiben, daß sie den
Beerdigungsunternehmer mitten in der Nacht heraustrommelte. Also brachte
man den Toten morgens um drei in die Leichenhalle. Zwei Angestellte des
Instituts legten die Leiche neben die Leiche dieses Arbeiters...
..
- Sie wollten doch noch etwas sagen? - ermunterte ihn der Chefinspektor.
Farquart biß sich unmerklich auf die Lippen.
- Nein... - sagte er schließlich.
Über dem Gebäude war das langgezogene, gleichmäßig anwachsende Brummen
von Flugzeugmotoren zu hören. Ein unsichtbares Flugzeug flog Richtung
Süden. Die Fensterscheiben hallten in leisem Unisono wider.
- Das heißt... - entschloß sich Farquart schließlich zum
Reden -, als die beiden Angestellten den Sarg mit dem Verstorbenen
absetzen wollten, schob einer von ihnen die Leiche dieses Arbeiters
beiseite, weil sie ihm im Wege war. Ja also ... er behauptet, daß die
Leiche - nicht kalt war.
— Mhm - murmelte der Chefinspektor zustimmend, als ginge
es um die gewöhnlichste Sache von der Welt. - Sie war nicht kalt? Wie
hat er das denn beschrieben? Können Sie seine Worte wiederholen?
- Er sagte, sie sei nicht kalt gewesen - Farquart
sprach widerwillig und stockend. - Das klingt idiot... das ist unsinnig,
aber dieser Mann beharrte darauf, daß es so war. Er behauptet, er habe
es auch seinem Kollegen gesagt, aber der kann sich an nichts erinnern. - Stanislaw Lem, Die Untersuchung. Frankfurt am Main 1978
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