ebendig werden  

 
 Edward Gorey: "Zimmer im Westflügel"

 - Edward Gorey,  "Zimmer im Westflügel", nach: Tintenfaß 15, Zürich 1986

Lebendig werden (2)  Es ist auch gemeldet worden, daß die Feuchtigkeit und die Wärme der erste Grad und Anfang der Fäulnis sind. Sie brüten alle Dinge aus wie die Henne ihre Eier. Daher werden durch und in der Fäulnis jedes schleimige Phlegma und jede Materie lebendig, es werde daraus was es wolle. Ein Beispiel könnet ihr bei den Eiern sehen. In ihnen liegt eine schleimige Feuchtigkeit. Diese wird durch jede stete Wärme faul und zu einem lebendigen Hühnlein ausgebrütet, Nicht nur durch die Wärme der Henne, sondern durch jede solche Wärme geschieht dies. Bei diesem Grad des Feuers können alle Eier in einem Glas und Asche zu lebendigen Vögeln ausgebrütet werden. Es kann also auch jeder Mensch unter seiner Achsel ein Ei ausbrüten, ebensowohl wie eine Henne. Dabei ist auch noch etwas Größeres zu wissen, nämlich dies: Wenn der lebendige Vogel in einem versiegelten Kukurbit zu Pulver und Asche mit dem dritten Grade des Feuers verbrannt wird, wenn er verschlossen wird und in der höchsten Fäulnis im Venter Equinus zu schleimigem Phlegma fault, kann man dieses schleimige Phlegma wieder ausbrüten, und so kann ein erneuerter und wiederhergestellter Vogel entstehen, wenn dieses schleimige Phlegma wieder in seine erste Schale und sein erstes Häuschen verschlossen wird. Das heißt, daß die Toten wieder lebendig gemacht werden, eine Wiedergeburt und Reinigung, was ein großes Wunder der Natur ist. Nach diesem Vorgang können alle lebendigen Vögel getötet, wieder lebendig gemacht, erneuert und wiederhergestellt werden. Dies ist auch das höchste und größte Magnale und Mysterium Gottes, das höchste Geheimnis und Wunderwerk, das Gott den sterblichen Menschen offenbart hat.

Es ist auch zu wissen, daß auf solche Weise Menschen ohne natürliche Väter und Mütter geboren werden können. Das heißt, sie werden nicht vom weiblichen Leibe in natürlicher Weise wie andere Kinder geboren, sondern durch die Kunst und Geschicklichkeit eines erfahrenen Spagyrikers kann ein Mensch wachsen und geboren werden.

Es ist auch in der Natur möglich, daß Menschen von Tieren geboren werden können. Dies hat auch seine natürliche Ursache. Ohne Ketzerei kann dies aber nicht geschehen. Wenn sich ein Mensch mit einem Tier vermischt und dieses Tier als ein Weibsbild das Sperma des Mannes mit Lust und Begehrlichkeit in seiner Gebärmutter empfängt und einschließt, dann muß das Sperma in Fäulnis gehen und durch die ständige Wärme des Körpers wird wieder ein Mensch und kein Tier daraus. Denn allemal wie der Samen ist, der gesät wird, so wächst auch die Frucht daraus. Würde dies nicht geschehen, so wäre es gegen die Philosophie und gegen das Licht der Natur. Denn wie der Same ist, so wächst das Kraut daraus. Aus Zwiebelsamen wachsen wieder Zwiebeln und nicht Rosen, nicht Nüsse, nicht Salat etc. Aus Korn wächst wieder Korn, aus Hafer wieder Hafer, aus Gerste wieder Gerste. So geschieht es auch mit allen anderen Früchten, was da Samen hat und gesät wird. - (par)

 

Lebendigkeit

 

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