ottprotz   Der Gottprotz muß sich nie fragen, was richtig ist, er schlägt es nach im Buch der Bücher. Da findet er alles, was er braucht. Da hat er eine Rückenstütze. Da lehnt er sich beflissen und kräftig an. Was immer er unternehmen will, Gott unterschreibt es.

Er findet die Sätze, die er braucht, er fände sie im Schlafe. Um Widersprüche braucht er sich nicht zu bekümmern, sie kommen ihm zustatten. Er überschlägt, was ihm nicht von Nutzen ist und bleibt an einem unbestreitbaren Satze hängen. Den nimmt er für ewige Zeiten in sich auf, bis er mit seiner Hilfe erreicht hat, was er wollte. Doch dann wenn das Leben weitergeht, findet er einen anderen.

Der Gottprotz traut der Vorvergangenheit und holt sie zu Hilfe. Die Finessen der Neuzeit sind überflüssig, man kommt viel besser ohne sie aus, sie machen nur alles komplizierter. Der Mensch will eine klare Antwort wissen, und eine, die sich gleichbleibt. Eine schwankende Antwort ist nicht zu gebrauchen. Für verschiedene Fragen gibt es verschiedene Sätze. Es soll ihm einer eine Frage sagen, auf die er keine passende Antwort fände.

Der Gottprotz führt ein geregeltes Leben und verliert keine Zeit. Wenn die Welt um ihn einstürzt, er hat keine Zweifel. Der sie eingerichtet hat, wird sie im allerletzten Augenblick vor dem Untergang erretten; und wenn sie sich nicht erretten läßt, wird er sie nach der Zerstörung wiederaufbauen, damit sein Wort bestehen bleibt und recht behält. Die meisten gehen zugrunde, weil sie aufsein Wort nicht hören. Die aber aufsein Wort hören, gehen nicht wirklich zugrunde. Aus jeder Gefahr ist der Gottprotz noch errettet worden. Um ihn sind Tausende gefallen. Aber er ist da, ihm ist nie etwas geschehen, soll das nichts zu bedeuten haben?

Der Gottprotz in seiner Demut hält sich nichts darauf zugute. Er kennt die Dummheit der Menschen und bedauert sie, sie könnten es soviel leichter haben. Doch sie wollen nicht. Sie meinen in Freiheit zu leben und ahnen nicht, wie sehr sie sich selbst versklavt sind.

Wenn der Gottprotz zornig wird, bedroht er sie, nicht mit seinen Worten. Es gibt bessere Worte, die Menschen zu peitschen. Dann stellt er sich mit geblähtem Stimmsack auf, als stünde er persönlich am Sinai oben und donnert und droht und speit und blitzt und erschüttert das Gesindel zu Tränen. Warum haben sie wieder nicht auf ihn gehört, wann werden sie endlich auf ihn hören?

Der Gottprotz ist ein schöner Mann, mit Stimme und Mähne. - (can)

 

Protz

 

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