esicht,
verschleiertes Am Abend wurde er geweckt. Als er die Tür
öffnete, stand die Frau mit dem verschleierten Gesicht vor ihm. Moses wich zurück,
durch den Wohnraum in die Schlafkammer, wo er, an die weißgekalkte Wand gelehnt,
das gesichtslose Wesen betrachtete. Er fühlte keinerlei Begierde. Als der Gast
ohne ein Wort der Erklärung sich seiner Kleider zu entledigen begann, und als
sich bald die Schönheit eines jungen Frauenkörpers seinen Blicken in völliger
Entblößtheit bot, tat Moses weiterhin, als wüßte er durchaus nicht, was von
ihm zu fordern war: Zustimmung oder Protest - Moses staunte. Ungehemmt genoß
er diesen Anblick erogener Zonen, weil das Gesicht, die wirksamste sexuelle
Physiognomie, seinem Blick und Wissen verborgen blieb, weil er auch diesmal
und auch noch in diesem vorgerückten Alter jenseits von Wissen oder Unwissen,
Zustimmung oder Verneinung, keusch wie je blieb und diese Keuschheit
nicht einmal heuchelte! Die auf fremden Betten sich herumwerfenden krampfgeschüttelten
keuchenden Existenzen, die in todesnahen Erschöpfungen ihre Zuflucht suchen
mußten, waren Moses immer noch unbegreiflich. - Ernst Herhaus,
Die homburgische Hochzeit. München 1970 (dtv sr 83, zuerst 1967)
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