rauenbeurteilung Nach
der Meinung der kleinen Pummeligen blieb er nur bei dem Model, um Eindruck zu
schinden. »An der ist doch kein Fleisch dran«, sagte sie, »er hält sie sich
als Freundin für die Empfänge, damit bekannt wird, daß er mit einem berühmten
Model zusammen ist.« Sie ging ein wenig nach dem Gewicht, die kleine Pummelige.
Das heißt? Sie schätzte die Frauen nach dem Fleisch ein, je nachdem, wieviel
Fleisch sie mit sich herumtrugen, die üblichen Geschichten vom üppigen Fleisch,
von der Fleischeslust. Sich selbst empfand sie als üppig und daher als den Schmächtigen
überlegen: »Diese Kindsköpfe hier mit ihren mageren Frauen, aber wenn ich einen
herumkriege, und er heiratet mich, dann wirst du schon sehen! Der muß dann alles
tun, was ich will!« -
Gianni Celati, Die Geschichte des Models. In: G. C., Cinema naturale. Berlin 2001
Frauenbeurteilung (2) Was Wolfe an Frauen hauptsächlich zu irritieren schien, war die Tatsache, daß sie Frauen waren. Doch wenn man sich näher damit beschäftigte, war die Sache reichlich verworren. Man hätte annehmen sollen, daß, wenn ihm eine Frau auf die Nerven ging, das aller-schlimmste für ihn ihre typischen weiblichen Eigenheiten waren. Doch ich habe wieder und wieder bei ihm erlebt, daß er den Stuhl für ein weibliches Wesen so aufstellen ließ, daß ihm sein Schreibtisch nicht die Sicht auf ihre Beine versperrte. Das ist ein sehr kompliziertes Problem, und ich werde eines Tages ein ganzes Kapitel darauf verwenden müssen. Noch ein kleiner Umstand verdient Beachtung: Wolfe reagiert viel empfindlicher auf weibliche als auf männliche Nasen. Vor allem hat er etwas gegen Stupsnasen oder ausgesprochene Entenschnabelnasen.
Mrs. Boone hatte eine Stupsnase, die noch dazu für ihr Gesicht viel zu klein
war. Ich sah, wie er darauf blickte, als er sich in seinen Sessel zurücklehnte.
Er sprach daher zu ihr in schroffem und ungastlichem, ja fast flegelhaftem Ton:
»Ich habe nur zehn Minuten zur Verfügung, Madam.« - Rex Stout, Mord
im Waldorf Astoria. München 1978
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