akterien Wir ahnen nur, auch diejenigen, denen es niemals einfallen würde, sich erinnern zu wollen und derartiges zuzugeben, daß jeder Mensch von seinem Standort aus alles an Lebendem ringsum in sich einfrißt, und daß entsprechend der Zweckbildung in seinem biologischen Aufbau der Mensch auch bestimmt ist, selbst gefressen zu werden.
Statt aller lebensträchtigen Erinnerung, die neues Leben entwickeln könnte, bleibt nichts zurück als ein dürftiger Haufen Asche, gerade noch genug, um eine kleine Kolonie von Bakterien zu nähren, die sich ausbreiten werden. Das Menschenschicksal mag für Jahrmillionen vorbestimmt sein. Es läßt trotzdem nichts zurück als diesen Dreck, den dürftigen Rest, womit er sich selbst verdaut hat.
Es gibt in der einer Beschreibung zugänglichen menschlichen Gesellschaft
eine besonders niedere Art von Beschäftigten, die diesen Dreck
sammeln, kneten und zu modellieren vorgeben, die Wissenschaftler
und in diesem besonderen Fall die Historiker. - Franz Jung, Der Weg nach unten. In: Franz Jung, Schriften, Bd. 1,
Salzhausen / Frankfurt am Main 1981
Bakterien (2)
Was hat Ihre
Vorfahren vor zwei oder mehr Jahrhunderten umgebracht? Pocken, Tuberkulose,
Influenza, Lungenentzündung, Pest, Scharlach, Durchfall. Hunger oder ein Unfall
mögen Menschen geschwächt haben, aber gestorben sind sie an Infektionen. Ein
paar von den Wohlhabenderen starben an Altersschwäche, an Krebs oder an Herzinfarkt,
doch das waren nicht sehr viele.
Im Ersten Weltkrieg starben in vier Jahren fünfundzwanzig Millionen Menschen.
Bei der darauffolgenden Influenza-Epidemie starben fünfundzwanzig Millionen
Menschen in vier Monaten. Sie war die letzte einer langen Reihe verheerender
Seuchen, welche die menschliche Spezies seit Beginn der Zivilisation heimgesucht
hatten. Europas Bevölkerung wurde im Jahre 165 nach Christus durch die Masern,
im Jahre 251 durch Pocken, um 1348 durch die Beulenpest, um 1492 durch Syphilis
und um 1800 durch Tuberkulose stark dezimiert. Und
dies sind nur die
Epidemien. Örtlich begrenzt auftretende
Erkrankungen forderten darüber hinaus ungeheuer viele Menschenleben. So wie
jede Pflanze einem immerwährenden Angriff durch Insekten ausgesetzt ist, so
enthält jedes Tier ein Gewimmel zahlloser hungriger Bakterien, die auf ihre
Gelegenheit warten. Möglicherweise befinden sich in dem, was Sie stolz als »Ihren«
Körper bezeichnen, mehr Bakterien als menschliche Zellen. Vielleicht befinden
sich jetzt, in dem Augenblick, in dem Sie dies lesen, auf und in Ihnen mehr
Bakterien, als es Menschen auf der Erde gibt. - Matt Ridley, Eros
und Evolution. Die Naturgeschichte der Sexualität. München 1996
Bakterium (3)
- N. N.
|
||