Zähne, schlechte (2) Der kleine Zahn erfüllte mich mit großer Zärtlichkeit und Erbarmen. Er war so winzig und dünn bis zur Transparenz. Er war wie ein kleines, versteinertes Reiskorn mit einem unendlich kleinen Stück vom Blütenblatt eines Gänseblümchens darin. Denn man konnte in der Tat einen noch weißeren winzigen Punkt in der Mitte sehen. Hätte man diesen kleinen weißen Fleck mikroskopisch vergrößern können, wäre darin vielleicht die Strahlenkrone einer winzigen Jungfrau von Lourdes erschienen.
Der Vorteil meiner Schwächen ist mir stets genau bewußt gewesen.
In Schwächezuständen entstehen infolge der Gesetze der Kompensation, der Gleichgewichtsstörung
und der Uneinheitlichkeit Pausen, aus denen neue Rangordnungen der normalen
Elastizitätskoeffizienten hervorgehen. Ich weiß genau, daß die Argonauten angeblich
aggressive und gut ausgebildete Unterkiefer hatten, und es ist viel von dem
rational auf Erfolg ausgerichteten Willen die Rede. Ich selbst jedoch habe diese
starken Gesichter mit fehlerlosen Porzellanzähnen - den Prototypen bissiger
Hartnäckigkeit - immer nur bei namenlosen Massenmenschen gesehen, die bestens
in der Lage sind, die mittelmäßigste Situation im Leben zu meistern. Die Reichen
hingegen haben immer schlechte Zähne gehabt. Geld läßt altern und verschafft
dem Menschen, der auf dem Wege ist, reich zu werden, Falten, sogar bevor er
sein Ziel erreicht hat, genau so wie die Ausdünstungen gewisser bösartiger,
fleischfressender Blumen das Insekt, das sich auf ihrem todbringenden Stempel
ausruhen will, schon vorher vergiften. »Meine geliebten, verarmten, unregelmäßigen,
entkalkten Zähne, Stigmata meines Alters, fortan werde ich nur noch euch haben,
um auf Geld zu beißen!« -
(dali)
Zähne, schlechte (3)
- N. N.
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