Sklavenhaltung (2) Der eigentliche
Sklavenhalter aber ist der Polyergus Rufescens, die Amazonenameise oder Legionärin,
wie Huber sie nennt. Sie kommt verhältnismäßig selten vor. Für die anderen
Arten ist Sklavenhalten ein Luxus, für sie eine Lebensnotwendigkeit. Auch ist
das Verhältnis zwischen Herren und Knechten bei ihr umgekehrt. Bei den Sanguinen
rechnet man gewöhnlich einen Sklaven auf sechs oder sieben Herren; wahrend jede
Amazone sechs oder sieben Sklaven hat. Bei den Sanguinen hebt die Entwicklung
erst an, hingegen bei den Amazonen ist sie vollendet. Ihrer sichelförmigen Kiefer
wegen ist die Amazone, gleich dem Soldaten der Termite, nur für den Krieg geschaffen.
Es ist ihr nicht möglich, ohne fremde Hilfe zu essen, und sie kann ihre Nahrung
nur vom Munde ihrer Dienerinnen nehmen. Zudem ist sie auch unfähig, ihre Jungen
zu pflegen und ihr Nest zu bauen oder instand zu halten. In der Tiefe der Höhle
bringt sie ihre unausgefüllten Stunden in dumpfer Trägheit hin. Ab und zu putzt
sie ihre Rüstung oder bettelt ihre Sklaven demütig um einen Schluck Honig an.
Eine andere Abwechslung kennt sie nicht. Dienerlos wären diese prächtigen, stahlgepanzerten
Krieger, so herrliche Stoßtruppen und unwiderstehliche Soldaten sie sein mögen,
ebenso ungeschickt, ebenso hilflos und verlassen wie Säuglinge. Setzt man unter
diese Verzweifelten, die inmitten eines Bienenstocks Hungers sterben würden,
die sich gegenseitig vergebens um ein Auswürgen anflehen, eine Arbeiterin der
dienenden Rasse, wie Huber und Forel es taten, so ist alles wie umgewandelt.
Sie spielt die Rolle der guten Hausfrau in der Bude sterbender Junggesellen.
Um zunächst der dringendsten Not abzuhelfen, beginnt sie ihre soziale Tasche
zu füllen und gibt daraus den Hungernden zu essen. Dann sammelt sie die Brut
um sich, läßt ihr die notwendige Pflege angedeihen, bessert schließlich die
Wohnung aus und säubert sie. In einer knappen Stunde hat die kleine barmherzige
Arbeiterin die unglückliche Soldatenstadt in Ordnung gebracht. -
(maet)
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