ollbrett
In der Wärme des Stammcafés saß der Doktor, wickelte sich aus seinem Shawl und
sagte: »Irgend etwas stimmt nicht und stimmt doch mit unserem Baron Felix -
verdammt vom Gürtel aufwärts; und das erinnert mich an Mademoiselle Basquette,
die war verdammt vom Gürtel abwärts, ein Mädchen ohne Beine, gebaut wie eine
mittelalterliche Schmähung. Sie ruderte sich auf einem Rollbrett durch die Pyrenäen.
Was von ihr vorhanden war, war hübsch, wenn auch auf billige und durchaus gewöhnliche
Art: ein Gesicht, wie man es an Leuten sieht, deren Bestürzung durch ihre Rasse,
nicht durch ihre Persönlichkeit bedingt ist. Ich wollte ihr etwas schenken,
weil doch immerhin einiges von ihr fehlte, und sie sagte: >Perlen, die passen
so gut zu allem!< Stellen Sie sich das vor! Und ihre andere Hälfte noch in
Gottes Wundertüte! Erzählen Sie mir nun nicht, daß der fehlende Teil sie nicht
den Wert des vorhandenen schätzen gelehrt hätte! Aber wie dem auch sei«, fuhr
der Doktor fort und rollte die Handschuhe von den Händen, »eines Tages sah sie
ein Matrose und verliebte sich in sie. Sie stieß sich soeben bergan, die Sonne
strahlte auf ihren Rücken, legte sich wie ein Sattel über den gebeugten Nacken
und flimmerte auf dem Lockenkopf, prächtig und einsam, wie der Kopf einer nordischen
Galionsfigur, den das Schiff im Stich gelassen hat. Er griff sie einfach auf
mitsamt dem Brett, nahm sie mit sich und stillte sein Verlangen. Als er sie
satt hatte, setzte er sie, ganz nach Kavaliersart, etwa fünf Meilen außerhalb
der Stadt auf ihr Brett, so daß sie allein zurückpaddeln mußte, Jieulend, ein
Anblick zum Steinerweichen; denn gewöhnlich sieht man dodi Tränen vor die Füße
fallen. - Ja, ja, ein Fichtenbrett mag einer Frau bis zum Hals reichen, und
immer noch wird sie Grund zum Weinen finden. Ich sage Ihnen, Madame, würde man
ein Herz auf einem Teller gebären, es würde sagen: ›Liebe‹ und zucken wie ein
abgetrennter Froschschenkel.« - Djuna Barnes, Nachtgewächs. Frankfurt am Main 1981 (zuerst 1936)
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