Rhinoceros    Dieses Rhinoceros Nasen-Horn, oder wie es auch sonsten genennet wird, Elephanten:Meister, verdienet von Jederman gesehen oder betrachtet zu werden, weilen es wohl das erste von dieser Sorte ist so jemahlen, will nicht sagen in Teutschland, sondern gar in gantz Europa lebendig gesehen worden. Gegenwärtiges Wunder-Thier ist in Asia in der Landschafft Asem unter die Herrschafft des Groß-Moguls gehörig, mehr als 4000. Meilen von hier entlegen, mit Stricken gefangen, als zuvor die Mutter von den schwartzen Indianern, mit Pfeilen todt geschossen, und wellen es damahlen erst einen Monat alt gewesen, gantz zahm gemacht und gewöhnet worden, in denen Zimmern, wo Damen und Herrn gespeiset, zur Curiosität um den Tisch zu laufen. Anno 1741 da es drey Jahr alt war, ist es durch den Capitain Douvemout aus Bengala nach Holland überbracht worden.[1] Ob es gleich jetzo ohngefähr 8. Jahr alt, und bey 5000 Pfund oder 50. Zentner wieget, so ist es gleichsam doch noch ein Kalb, weill es noch viele Jahre wächset, wie dann diese Art Thiere auf hundert Jahre alt werden. Dieses Rhinoceros ist dunckel-braun, hat keine Haare, gleich wie der Elephant, doch an den Ohren und am Ende von dem Schwantze sind einige Häärlein; auf der Nase hat es sein Horn, welches krumm wie ein halber Mond, damit kan es die Erde viel geschwinder umgraben, als niemahls ein Baur mit dem Pflug thut, und wird dieses Horn in denen Kunst Kammern zur Rarität aufbehalten. Im lauffen ist dieses Thier ungemein schnell, kan im Wasser schwimmen und tauchen wie eine Endte, welches in betrachtung seiner Größe und schwere fast unglaublich scheinet. Sein Kopf ist nach und nach vorne zu spitzig, die Ohren gleich eines Esels, die Augen nach Proportion von dem grossen Thier sehr klein, und kan es nicht anders als über die Seite von sich absehen: die Haut ist, als ob sie mit Schilden gedeckt wäre, dieselben schlagen wohl eine Hand-breit über einander hin und sind zwey Zoll dicke. Die Füsse sind kurtz und dick, als wie des Elephanth versehen mit drey Klauen. Wann es vollkommen ausgewachsen, so ist es insgemein so groß, als ein mittelmäßiger Elephant. Wider disen hat der Rhinoceros von Natur eine unauslöschliche Feindschafft, dahero derselbe, wann er einen Elephanten antrifft, ihme mit seinem Horn unten den weichen Bauch aufreißet und also tödtet.[2] In denen Wüstenenyen Africae und an unterschiedene Orten in Asia, als in Bengala, Facatru [?] sind deren am meisten befindlich. Der Eigenschafft nach ist der Rhinoceros ein listiges und fröliches Thier auch über die massen sorgfältig vor seine Junge. Endlich ist anzumercken, daß gegenwärtige Nase Horn oder Rhinoceros zu seiner täglichen Unterhalt 60. Pfund Heu und 20. Pf. Brod frißt, auch 14. Aymer Wasser säufft.  - N. N., Augsburg 1747, nach wikisource

Rhinoceros (2)  Das Rhinozeros und sein Schatten im Wind  Das Rhinozeros ist ein Riese von Tier
und darum so beliebt als toter Koloß,
heute so selten vorkommend wie einst wir
in der Geschichte der Zukunft.
   In allen Büchern, die ich habe, sind die Rhinozerosse schon ausgestorbcn. Sie werden nicht mehr erwähnt. Sie waren, kann ich mich erinnern, »standorttreu mit festen Kotabsatzstellen«.
   In den Städten verwest der Kot unterirdisch. Der Tod wird im Wasser erstickt. Die blutige Träne beseitigt der Laboratoriumskalfaktor.
 
 Das Rhinozeros steht neben meinen Bett, es ist gut so, und wirft einen glühendroten Schatten, und ich träume von seiner Vermehrungswut und hoffe im Hintergrund des Kopfes, daß kein Schuß mich weckt. Es reißt das Maul auf. Ich sehe kein Blut, kein totes Tier in seinem Schlund. Es ist tröstlich, daß es meine traurigen Gedanken nicht wittern kann. Es beobachtet mich argwöhnisch, sobald ich im Schlaf herumgeworfen werde; die Augen sind klein, damit es vom Wasser der Tümpel nicht geblendet wird, die Lider sind zusammengebackene Lehmplättchen. Der übrige Körper ist fast zu groß für eine Beschreibung. Er wird zusammengeschossen. Dann ist es leicht, dann legt man Worte auf die Wunden, immer nur Worte, mitleidige Worte, zahlt die Einschußlöcher, die weggefetzten Panzerbrocken. Ich weiß, es wird die Zeit kommen, da auch noch die Bilder, die wir von den Tieren haben, ausgerottet werden. Die Jagd nach den Bildern der Tiere.

Das Hörn des Nashorns dient dazu, den Feind aus dem Weg zu schleudern, es eignet sich aber auch dazu, Vögel aus dem Flug zu locken, die, darauf landend, ihre Schnäbel daran wetzen, was, wie ich glaube, ein helles, schleifendes Geräusch erzeugt, so, als kröchen menschliche Skelette durchs Gebirge, Verhungerte; endlich findet niemand mehr Beute.

Die beste Abbildung eines Nashorns, die ich kenne, stammt von A. Dürer. Aber ich brauche den Geruch. Im Zoo sind die Tiere einbetoniert.

In den Grzimek-Filmen knallt es immer ganz schauerlich, wenn Nashörner die Jeeps rammen. Daß sie die Geschwindigkeit einer Lokomotive mit Kohlenfeuerung aufbrächten, sagt man als Eingeweihter, und es bezeichnet irgendwie ihr Ende. Ich weiß nicht, wie Tarzan sich verhalten haben würde, grau vor Gram und mit kraftloser Stimme, wenn er das Totenreich der Wildnis vorausgeahnt hätte.

Ich achte den Käfer, die Wale, ich erschlage Fliegen und habe
kein Recht und werde erschlagen von beinhart gefrorenen Vögeln,
die in strengen Wintern abstürzen wie Steinkugeln und die Erde
durchschlagen, dieses löchrige Geflecht aus Gier und Haß, mühselig
geklebt mit den Sekreten der Lust.
Aber wir haben längst verloren. Uns. Die Natur.
In den Wüsten zapfen wir das Blut der Bäume aus dem Boden.
In unserer Technik verglühn die Saurier auf Zelluloid.
Das Nashorn wird vom Hubschrauber aus erlegt.
Morgen wird der Adler im Fallschirm abgeworfen. Kein Tier
darf das Ende der Menschheit erleben.    - Ludwig Fels, nach (arc)

Tiere, große


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Unterbegriffe

VB
Unempfindlichkeit

 

Synonyme
Nashorn