Psychodontie  Jeder, der Augen für solche Dinge hat, konnte gegen Ende von Eisenhowers erster Amtsperiode bemerken, daß überall kleine Flaggen auftauchten, die tapfer und lustig durch die graue Turbulenz der Geschichte flatterten. Sie zeigten an, daß ein neuer und unvergleichlicher Glaube moralischen Boden gewann. Um die Jahrhundertwende hatten Psychoanalytiker die Rolle des Priesters als Beichtvater übernommen. Jetzt, so schien es, folgte dem Psychoanalyten der Zahnarzt.

Tatsächlich schien es etwas mehr zu sein als nur eine Änderung der Nomenklatur. Bestellungen wurden »Sitzungen«, tiefschürfende Feststellungen über sich selbst begann man mit »Mein Zahnarzt sagt. . .«, und die Psychodontie - ähnlich wie ihre Vorgänger - entwickelte einen ihr eigenen Jargon. So wurde aus einer Neurose eine »Malokklusion«, es gab orale, anale und genitale Stadien des Ausfalls der Milchzähne, die Pulpa wurde zum Es und der Zahnschmelz zum Superego.

Die Pulpa ist weich; sie enthält Blutgefäße und den Nerv. Der Zahnschmelz - hauptsächlich aus Kalzium bestehend - ist tot. Das waren das Es und das Ich, mit dem sich die Psychodontie auseinanderzusetzen hatte. Das harte, leblose Ich lag über dem warmen, pulsierenden Es, ihm Schutz und Abwehrkraft gewährend.   - (v)

 

Zahnarzr

 

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