artygirl

- Tomi Ungerer

Partygirl ⁽²⁾  Das analerotische Call-Girl, die es aber nur praktizierte, wenn sie verliebt war, die jedesmal, wenn ich etwas Kompliziertes vorschlug, schrie. Du Denkst Wie Ein Freier, dann aber 3 Stunden brauchte, währenddessen sie sich selbst laut davon überzeugte, daß ich wirklich nicht wie ein Freier denke oder sie sollte von Anfang an nicht mit mir dorthin gegangen sein. Diejenige, durch die ich während der Cocktail-Party in eine Schlägerei geriet (ja, etwas unschön, doch technisch gesehen war es wegen einer Beleidigung der Ehre dieses Mädchens), und ich bekam ihre Adresse und traf sie später {ich mußte sehr schnell verduften), ich besuche sie jetzt (es ist schon 3 Uhr morgens), da brennt eine Kerze und hellt ihr Gesicht von unten auf und gibt ihr etwas Viktorianisches und Entschlossenes, und sie sitzt auf ihrem Bett in ihrem Nachthemdchen mit offenen Haaren. Die Situation ist mir beinahe sofort bewußt. Ich setze mich neben sie, zünde mir eine Zigarette an („Nein", sagt mein Stammesbruder, „Du erzählst falsch. Ich öffnete mein Gold-Chanel-Gasfeuerzeug mit einer 5 m Flamme und zündete eine Abdullah No. 16 Ägyptisch an." Und ich mochte ihn auch nicht, doch wie 2 Erdmenschen auf dem Mars mußten wir Freunde sein, also sagte ich, „du bist auch ganz gut, doch es ist nicht so eine Geschichte"). Ich gebe ihr Feuer, es entsteht ein kurzes Schweigen, und dann sagt sie, und versucht gleichgültig zu klingen: „Wer war das eigentlich, der dich zur Party einlud?"   - Joe Schwartz, nach: Acid. Neue amerikanische Szene. Hg. Brinkmann & Rygulla. Frankfurt am Main 1981 (zuerst 1969)


Partygirl ⁽³⁾  die Eine, die montags in ihrem „Geschichte der O"-Kleid von Glen Cove kam (die letzten Reste des Afrikakorps taumelten aus der Wüste, um doch noch Alexandria zu nehmen) und danach mit der U-Bahn nach Central N.Y. zu 'ner Medizinstudentin fuhr, die ihre Striemen küssen würde,

die Griechin, ihr Körper dünn und verwegen wie eine Schlange, hatte mit drei Jahren von Comparo, dem Zigeunerkönig, in den mazedonischen Ebenen das Reiten gelernt, dort ist man soweit zurückgeblieben, daß sie nicht wissen, daß Troja längst gefallen ist, wo jedesmal, wenn man ein kleines Loch in den Boden macht, um eine Tomate zu pflanzen, wieder eine Statue zum Vorschein kommt. Und sie war ein wenig schüchtern, ich fragte sie, wie sie sein würde, wenn wir verheiratet wären, und sie sagte, es ist alles erlaubt, außer regelrechter Quälerei. Dafür gibt es keinen Grund, sagte sie. Daran hatte ich vorher nie gedacht. Gruppen von schizophrenen Ballettmädchen mit leeren Augen: eine'ärmliche Nachahmung, die Zeit zerlegt (das Profil ihrer Körper auf einer weißen Wand, rein und raus aus dem Bett, ein Handtuch falten und es säuberlich neben das Kopfkissen legen, ihr Gesicht plötzlich klar, Augen geschlossen, der Mund erregt, halb geöffnet, wie ein elfjähriges Mädchen beim Gebet, starke Konzentration, und das Letzte, woran ich mich erinnere, die Locke in ihrem Haar löste sich und fiel mir feucht auf die Wange, doch sie roch nicht nach Schweiß, sie roch wie das Meer, und dann war es schon Vergangenheit:

eine Andere, mit dem Problem der Ballettmädchen, zuviele Muskeln auszubilden; und der einzige Weg, das zu vermeiden, ist, nicht mehr zu üben, das hieß: sie konnte nicht mehr üben, was unmöglich war, also übte sie weiter und versuchte, bestimmte Muskeln nicht zu gebrauchen, und wurde so langsam verrückt, ihre Schenkel hart,

ihre Schultern dick und fleischig. Doch irgendwie ist der Effekt ganz süß und rührend, vielleicht ihrer Reaktion wegen, es schien ihr wie eine auferlegte Erniedrigung, die sie noch weiblicher machte, so, als ob sie gezwungen wäre, herumzugehen und Ketten zu tragen, und als ich sie zwei Jahre später wiedersah, sah sie aus wie eine russische Diskuswerferin - - Joe Schwartz, nach: Acid. Neue amerikanische Szene. Hg. R.D. Brinkmann & R.R. Rygulla. Frankfurt am Main 1981 (zuerst 1969)