ann, schlafender Der riesige Mann lag in einem Bett, das für ihn viel zu klein geraten war. Er lag auf dem Rücken, völlig gleichmäßig dabei, als habe er sich während der zurückliegenden Nacht nicht ein einziges Mal umgedreht. Sein Kopf ragte aus der Bettdecke heraus und ruhte auf einer Rolle, die ihm als Kopfkissen diente. Es schien, als habe er einen schweren Unfall gehabt. Um seine Schädeldecke lief am Haaransatz eine blaurote Narbe herum, als wäre dort ein Vogel Greif mit messerscharfen Krallen entlangspaziert. Die Operation hatte so totale Ausmaße gehabt, daß man förmlich erwartete, der schlafende Riese würde den prüfenden Blick des Chronisten bemerken und ihm seine Referenz erweisen, indem er seine Schädeldecke kurz lüftete, um sie alsbald wieder zuzuklappen.
Jetzt, da der riesige Mann schlief, trugen seine Züge einen fast friedlichen Ausdruck zur Schau. Sein Gesicht war eingefallen und bleich, die Backenknochen stachen scharf hervor, über die Augen hingen weiße wimpernlose Lider herab. Die Stirn war jetzt nur wenig gefurcht, als habe der Schlafende in seinem Leben nicht viel mitgemacht, und die halbgeöffneten, fast violetten Lippen, als gehörten sie zu einer Leiche, die zu lange im Wasser gelegen ist, gaben seinen rasselnden Atem frei.
Die Wolldecke zeichnete seine harten, eckigen Konturen nach und machte auf
das Aussehen seines Körpers neugierig. Dort, wo sein Penis zu vermuten
war, bäumte sich die Decke auf. - Gerd Maximovič, Frankenstein. In: Phantastische Welten, Hg.
Franz
Rottensteiner. Frankfurt am Main 1984 (Phantastische Bibliothek 137)
Mann,
schlafender (2) Er kniff die Augen zusammen. Es kam ihm
so vor, als ob in der gegenüberliegenden Ecke des Wagens, weiter weg,
neben der Tür, irgendein Bekannter saß. Ein Gesicht, das ihm etwas
sagte.
Er blickte nur noch auf dieses Gesicht. Es war welk, hatte undeutliche, schwammige Züge, Es war das Gesicht eines alten Manrnes.
Der Mann hätte den Kopf an die Trennwand gelegt und schlief so tief, daß
sein Hut immer weiter nach unten rutschte und einen langen Schatten bis
zum Kinn hinunter warf. Die Bewegungen des dahinjagenden Wagens
versetzten den kraftlosen Körper in ein rhythmisches Schwingen, das sich
in den Kurven verstärkte. Einmal glitt ihm eine Hand von den Knien,
kraftlos, wie ein Gepäckstück und hing pendelnd, groß, blaß, geschwollen
herab.
Der Wagen raste immer schneller, das Rütteln brach nicht mehr ab, Und schließlich glitt der Unterkiefer des schlafenden Manmes, an den Gregory sich noch immer nicht erinnern konnte,, herab, als ob er sich selbständig gemacht hätte. Der Mund öffnete sich ...
»Er schläft wie ein Toter« - schoß es Gregory durch den Kopf und
gleichzeitig ergriff ihn eisige Furcht. Eine Sekunde lang hielt er den
Atem an. Er wußte es schon. Die Photographie diieses Mannes - nach
seinem Tode aufgenommen - hatte er in seiner Jackentasche. - Stanislaw Lem, Die Untersuchung. Frankfurt am Main 1978
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