urgeln   Er setzte ein Knie auf den Boden und eröffnete das Feuer auf Goémond, indem er den Unterhebel der Erna mit seiner Rechten betätigte. Die .22er Long-Rifle-Kugeln prallten auf den Rücken des Kommissars. Goémond wurde nach vorn geschleudert. Seine Stirn stieß hart gegen den Rahmen der Verbindungstür. Er federte sofort zurück und warf sich auf den Bauch hinter Vaters Sessel, den die Geschosse durchbohrten.

Da der Kommissar jedoch eine kugelsichere Weste trug, war er zwar ziemlich durchgeschüttelt, aber überhaupt nicht verletzt.

Plötzlich klackte der Schlagbolzen der Erna ins Leere, und Buenaventura schleuderte sein Repetiergewehr in die Mitte des Raums und zückte seine halbautomatische Pistole mit der linken Hand.

«Tod den Bullen!» schrie er, und Goémond feuerte, hinter der Sesselkante hervor, auf ihn und zertrümmerte ihm den Ellbogen.

Buenaventura brüllte los und wirbelte auf seinen Absätzen einmal vollständig um die eigene Achse. Goémond schoß ihm mit dem Colt Cobra eine zweite Kugel in die Brust. Die Lunge des Katalanen platzte, und der Mann stürzte nach hinten, stieß gegen das Fenster und plumpste auf den Rücken. Er griff mit der Rechten unter seinen Regenmantel. Die Pistole lag mitten auf dem abgenutzten Teppichboden.

Goémond stieß einen Freudenschrei aus und hechtete, den Colt Cobra in der Faust, auf den Terroristen zu.

«Es lebe der Tod!» sagte Buenaventura und zog die abgesägte Charlin aus seinem linken Futter und feuerte beide Läufe in das Gesicht des Polizisten.

Auf diese Distanz wirkt Schrot wie eine einzige Kugel, und die Ladung riß Goemond den Kopf ab und ließ ihn förmlich explodieren. Knochentrümmer, Hirnstückchen und Haarbüschel verteilten sich wie die Garbe eines Feuerwerkskörpers in der Luft und klatschten als feiner Hagel auf die Decke, den Fußboden, die Wände. Der kopflose Körper des Kommissars hüpfte aus dem Stand in die Luft und stürzte in der Mitte des Raums mit einem schmatzenden Geräusch auf den Rücken. Buenaventura warf die abgesägte Flinte weg und begann Blut zu spucken.

«Buen», sagte Treuffais. «Bist du getroffen?»

«Ich krepier», antwortete der Katalane in einem Gurgeln.

Treuffais wand sich wie irre, gelangte zum Körper des kopflosen Kommissars und durchsuchte seine Taschen. Er fand den Handschellenschlüssel. Buenaventura blieb derweil reglos zu Füßen des Fensters liegen, das Kinn auf der Brust, und ein scharlachroter Schwall schoß aus seinem Mund und aus der Nase und besudelte den weißen Pulli, die Jagdjacke, den Regenmantel. Da es sich um Blut aus der Lunge handelte, war es voller Bläschen, schäumte wie verschüttetes Bier.

«Die Tonbänder sind in meinen Jackentaschen», sagte der Verwundete.

«Was sagst du?»

Der Katalane antwortete nicht. Treuffais befreite sich von den Handschellen und stürzte mit einem großen Schritt über Goémond hinweg zu seinem Freund. Er kniete sich neben Buenaventura. Dieser sah ihn noch einen Augenblick wortlos an und starb.

«Adieu, altes Arschloch», sagte Treuffais, und dabei schossen ihm die Tränen aus den Augen und heftige Schluchzer schüttelten ihn so, daß ihn ein nervöser Brechreiz überkam.  - Jean-Patrick Manchette, Nada. München 2006 (zuerst 1972)

Gurgeln (2)  »Ich sagte: ‹Na, Dick, hast du Bedenken?› Er antwortete nicht. Ich sagte: ‹Wenn wir sie am Leben lassen, dann brummen sie uns ganz schön was auf. Zehn Jahre mindestens.› Er sagte immer noch nichts. Er hatte das Messer in der Hand. Ich verlangte es von ihm, er gab es mir, und ich sagte: ‹Also los jetzt, Dick.› Aber ich meinte es nicht so. Ich wollte ihn bloß zwingen, Farbe zu bekennen, wollte ihn dazu bringen, daß er mich davon abhielt, er sollte zugeben, daß er ein Feigling und alles nur Angeberei gewesen war. Verstehen Sie - eine persönliche Auseinandersetzung zwischen mir und Dick, weiter nichts. Ich kniete mich neben Mr. Clutter hin, oh, und die Schmerzen in den Beinen ~ ich dachte an diesen verdammten Silberdollar. Die Blamage. Mich widerte das alles an. Und in Lansing hatten sie mir gesagt, ich dürfte nie wieder nach Kansas. Aber ich merkte erst, was ich getan hatte, als ich das Gurgeln hörte. Wie von einem, der am Ertrinken ist. Wie Schreie unter Wasser. Ich gab Dick das Messer. Ich sagte: ‹Mach ihn fertig. Dann fühlst du dich wohler.› Dick versuchte es - oder tat wenigstens so. Aber der Mann hatte Kraft wie zehn - er war schon halb aus den Fesseln raus. Seine Hände waren frei. Und da drehte Dick durch. Wollte abhauen und raus. Aber ich ließ ihn nicht. Der Mann wäre sowieso draufgegangen, das wußte ich. Aber so konnte ich ihn nicht da liegen lassen. Ich sagte zu Dick, er sollte ihn mit der Taschenlampe anleuchten. Und dann legte ich das Gewehr auf ihn an. Es war wie eine Explosion. Der ganze Raum war plötzlich blau. Als ginge er in die Luft. Herrgott, ich habe nie begriffen, wieso das kein Mensch gehört hat. Mußte doch dreißig Kilometer weit zu hören sein.»  - (cap)
 
 

Gurgel Geräusch

 

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