esicht, ältliches Es giebt nur einen angeborenen Irrthum, und es ist der, daß wir dasind, um glücklich zu seyn. Angeboren ist er uns, well er mit unserm Daseyn selbst zusammenfällt, und unser ganzes Wesen eben nur seine Paraphrase, ja unser Leib sein Monogramm [Grundriß] ist: sind wir doch eben nur Wille zum Leben; die successive Befriedigung alles unsers Wollens aber ist was man durch den Begriff des Glückes denkt.
So lange wir In diesem angeborenen Irrthum verharren, auch wohl gar noch
durch optimistische Dogmen in ihm bestärkt werden, erscheint uns die Welt voll
Widersprüche. Denn bei jedem Schritt, im Großen wie im Kleinen, müssen wir erfahren,
daß die Welt und das Leben durchaus nicht darauf eingerichtet sind, ein glückliches
Daseyn zu enthalten. Während nun hiedurch der Gedankenlose sich eben bloß in
der Wirklichkeit geplagt fühlt, kommt bei Dem, welcher denkt, zur Pein in der
Realität noch die theoretische Perplexität hinzu, warum eine Welt und ein Leben,
welche doch ein Mal dazu dasind, daß man darin glücklich sei, ihrem Zwecke so
schlecht entsprechen? Sie macht vor der Hand sich Luft in Stoßseufzern, wie:
»Ach, warum sind der Thränen unter'm Mond so viel?« [Christian Adolf Overbeck,
›Trost für mancherley Thränen‹] u. dergl. m., in ihrem Gefolge aber
kommen beunruhigende Skrupel gegen die Voraussetzungen jener vorgefaßten optimistischen
Dogmen. Immerhin mag man dabei versuchen, die Schuld seiner individuellen Unglücksäligkeit
bald auf die Umstände, bald auf andere Menschen, bald auf sein eigenes Mißgeschick,
oder auch Ungeschick, zu schieben, auch wohl erkennen, wie Diese sämmtlich dazu
mitgewirkt haben; Dieses ändert doch nichts in dem Ergebniß, daß man den eigentlichen
Zweck des Lebens, der ja im Glückltchseyn bestehe, verfehlt habe; worüber dann
die Betrachtung, zumal wann es mit dem Leben schon auf die Neige geht, oft sehr
niederschlagend ausfällt: daher tragen fast alle ältlichen Gesichter den Ausdruck
Dessen, was man auf Englisch disappointment [Enttäuschung] nennt. -
(wv)
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