Fabrikant   Der Fabrikant taumelt aus einer Schenke. Er peitscht die Pferde, die vor den Tränken kurz eingedöst waren, bis aufgeworfene weiße Striemen über ihre Kruppen verlaufen und ihre Muskeln unwillkürlich zittern. Er wirft die gestapelten Fässer durcheinander, tritt sie, bis sie allesamt über das Kopfsteinpflaster des Hofes zur Scheune rollen. Er rennt blindwütig aus dem Tor, die Peitsche, mit der er im Gehen Blumen köpft, immer noch fest in der rechten Faust. Er setzt mit einem Sprung über die breiteste Stelle des Baches und steht mitten in einem Distelfeld. Im Weiterstürmen reißt er mit der Linken immer wieder meterlange Pfahlwurzeln aus dem Boden. Er tritt gegen Bäume, um deren Kraft zu prüfen, findet endlich einen, dessen höchster Ast immer noch dick genug ist, ihn zu halten, und knüpft sich an ihm auf. Er schreit dabei und streckt seine blau angeschwollene Zunge heraus. Ich laufe hin mit meiner kleinen Leiter, die ich von meinem Feuerwehrauto abgerissen habe und die noch nicht einmal über den ersten Wurzelausläufer reicht. Sein Glied durchbricht im letzten Wallen seines Blutes die Hose und steht frei gen Himmel. Ich rede mir ein, dass es nur ein Traum ist, während der Fabrikant von oben brüllt, ich solle ihm zu Ehren und zu Ehren seines Todes das Lied vom erstandenen Erhängten singen. Da ich den Text nicht kenne und auch nicht die Melodie, summe ich einfach leise vor mich hin und sammle die ausgerissenen Disteln auf, die höher sind als ich und deren strenger Wurzelgeruch mich an eiternde Wunden erinnert.  - (raf)

Fabrikant (2)  Der Fabrikant schlägt mit bloßer Hand einen Nagel in eine massive Tischplatte. Das hat er schon als Junge so gemacht. Man muss nur darauf achten, dass man den Nagelkopf mit einer Fingerwurzel trifft. Glas kann man mit der Schere schneiden, wenn man es in Petroleum legt. Auf der Bundesgartenschau hat er einen Druckfehler auf einem Schild entdeckt. Er dachte: Atser, diese Blume gibt es doch gar nicht. Zigtausend Leute sind dort vorbeigelaufen, aber nur ihm ist es aufgefallen. Er besitzt ein altes Kräuterbuch, in dem sogar Abtreibungsmittel verzeichnet sind. Man muss natürlich zwischen den Zeilen lesen können. Es heißt dann: Hilft der Frau bei der monatlichen Reinigung. Und was ist es? Tausendgüldenkraut. Nicht umsonst der Name. Sein Sauerbraten ist so pikant, weil er ihn einen Tag vorher aus dem Essigwasser nimmt, ihn auf einem schräggestellten Brett ablaufen lässt und auf beiden Seiten dick mit Senf bestreicht. Wenn ihm die Milch anbrennt, kocht er sie noch einmal mit Natron auf. Als er einmal beim Schwimmen im Niederrhein ohnmächtig wurde, trieb er volle sechs Stunden auf dem Rücken stromabwärts, ohne unterzugehen oder in die Schraube eines Schiffsmotors zu geraten. Wenn der Fabrikant in einem halb oder ganz dunklen Zimmer seine beiden Handflächen gegeneinanderreibt und dann eine Hand rasch auf ein Stück schwarzen Samt legt, riecht es, als hätte man ein Schwefelhölzchen angestrichen.   - (raf)
 

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