eefsteak «Jetzt dreh dich um und setz dich auf», entschied Nocera, «denn jetzt sollst du essen.»
Der Verurteilte drehte sich um, setzte sich auf und nahm mit seinen Händen
das Beefsteak entgegen, wie Sokrates den Schierlingsbecher aus den Händen des
Abgesandten der Elf entgegengenommen hatte. Als er es ganz hinunterbefördert
hatte, legte er sich auf die Seite und stellte sich mit geschlossenen Augen
die Reise vor, die es machte: «Jetzt hat es die Speiseröhre durchlaufen, durchschreitet
den Magenmund, tritt in den Magen ein, wird von den Magensäften festlich begrüßt,
wird ein wenig malträtiert von den peristaltischen Bewegungen, tritt aus dem
Pylorus, schlüpft in den Zwölffingerdarm, gerät in den Dünndarm, zirkuliert
hin und zurück durch den Dickdarm. Wenn mein Fall ein Darmtyphus ist, Gott weiß,
wieviel Bazillen es dort vorfindet! Holla! Da sind wir beim aufsteigenden Grimmdarm,
dem Blinden. Der Blinddarm mit seinem wurmartigen Fortsatz; Achtung bei diesem
Übergang, da ist Gefahr einer Blinddarmentzündung; vorwärts, durch den Quergrimmdarm,
den absteigenden Grimmdarm oder Kolon. In Buenos Aires habe ich ein Theater
gesehen, das Theater Kolon hieß... Aber ist es möglich, daß mein Beefsteak schon
hier angelangt ist? Es hat auf der Reise einige Erscheinungen mit vornehmen
Namen angetroffen, die seine Physiognomie verwandelt haben: die Galle, das Trypsin,
das Leuzin, das Tyrosin. Und die Bazillen, alle diese lieben Bazillen,
die im Feuchten in dem Reagenzglas schwänzelten und die ich getrunken habe,
wer weiß, wie die es aufgenommen haben? Sie werden es aufgefressen haben. Wenn
es sich so verhält, ruiniert es mir nicht mehr meine geschwächten Gedärme. Jetzt
müßte ich schon tot sein. Warum sterbe ich nicht?» - Pitigrilli, Kokain. Reinbek bei Hamburg
1988 (zuerst 1922)
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