Auge, linkes    Das linke Auge der Signorina Caldani, starr und aufgerissen, funkelte jetzt im Halbdunkel, als es einen Winkel des Zimmers und die auf dem Nachttisch stehenden Gegenstände widerspiegelte. Durch die schlecht geschlossenen Jalousien und die offene Tür des Wohnzimmers drang mit zunehmender Stärke das graue Licht des Februartages, bis es allmählich auch die Ecke mit der Kommode und dem Stuhl vage erhellte, auf dem die Handtasche, die Handschuhe und das leichte schwarze Wollkleid, das die Professoressa gestern getragen hatte, lagen. Aber sonst hatte sich in der kleinen Wohnung nichts geändert. Der Wecker tickte noch immer in der Stille, der Körper auf dem Bett hatte sich nicht bewegt, das rechte Auge war geschlossen geblieben und an das Kopfkissen gepreßt. Das linke, starr auf die Marmorplatte des Nachttisches gerichtet, wandte sich unmerklich vom Glas zum Wecker, auf dem der Stundenzeiger die Eins überschritten hatte, und von da zu der verblaßten Fotografie im silbernen Rahmen, auf der jetzt ein altes Paar auf dem Petersplatz in Rom zu erkennen war. Und unmerklich bewegten sich die Lippen. Herr, dachte das alte Fräulein, erbarme dich!   - Fruttero & Lucentini, Wie weit ist die Nacht. München 1989
 

Auge

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