Zweisprachigkeit Die Doppelsprachigkeit ist für ein einfaches Gemüt, wie ich glaube, nicht leicht zu ertragen. Offenbar habe ich mich als Kind instinktiv dagegen gewehrt. Als ich zweijährig von meinem ersten Besuch bei meinen Großeltern in Amerika zurückkam, sprach ich nur noch Englisch. Beim nächsten Besuch, drei Jahre später, hatte ich alle englischen Worte aus meinem Bewußtsein ausgemerzt. Ich lehnte die mir fremden amerikanischen Speisen ab und aß Toast erst, als meine Mutter es mir als «geröstetes Brot> präsentierte. Ich blieb, abgesehen von dem, was ich mit meiner Mutter sprach, mehr als zwei Wochen lang stumm und manifestierte meine Krise in einem schweren Anfall von Masern,. Eines Tags aber machte ich den Mund auf und sprach ein fehlerfreies neuenglisches Amerikanisch. Als ich mich bei Kriegsausbruch im August 1914 weigerte, fortan Englisch zu reden, hielt ich das für eine patriotische Tat inmitten der Welle von Begeisterung, die mit dem ganzen Land auch uns Krieg spielende Kinder erfaßt hatte. Heute glaube ich, es geschah aus dem unbewußten Gefühl, daß die zwei Sprachen etwas Unvereinbares seien, etwas, was einen zerreißen kann. Das tiefe Unbehagen über die Fähigkeit, zwiefach zu reden und zu denken, mag der Grund für die Starrheit sein, deren ich mir gar nicht bewußt war, mit der ich aber jahrelang darauf bestand, die Dinge, besonders die politischen, auf eine bestimmte und sehr begrenzte Weise zu sehen, zu bedenken und in meinem Leben wirksam werden zu lassen. Dies zu den amerikanischen Elementen in meinem Wesen, gegen die ich oft rebelliert habe — vielleicht weil dem Doppel die Sehnsucht nach ungeteilter Loyalität für das Ungespaltene entsprang.  - Margret Boveri, Der Verrat im XX. Jahrhundert. Bd.4. Amerika - Verrat als Epidemie. Reinbek bei Hamburg 1960
 

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