Zuspruch, weiblicher   »Maria Safira suchte mich gleich am nächsten Tag wieder auf und sagte, sie wisse, wie man den negativen Effekt des Eselshauttees bekämpfen und rückgängig machen könne, ohne daß der positive Teil, die Anspornung des Kopfes und der Intelligenz, Schaden nähme. Sie meinte sogar, wenn mir die Fähigkeit zum Reiten und Beherrschen zurückgegeben würde, so könnte sich die dichterische Inspiration feuriger denn je in mir ausbreiten.

Ach, Pedro, wie angenehm ist doch der Umgang mit Frauen! Es ist so gut, daß man bestimmte Dinge sagen und auch anhören kann und auf einmal alles als möglich erscheint. Wie ganz anders ist das bei unseren rauhen männlichen Diskussionen, in denen man uns mit feindseliger Unparteilichkeit anschaut und jeden Moment beurteilt. Bei den Frauen ist es umgekehrt: wenn sie uns gern haben, beurteilen sie uns nicht und zeigen sich noch zärtlicher, wenn wir schwach und fehlbar sind. Nicht mit dem Kopf, mit dem Instinkt spürt man dann und wann, daß man seinen Kopf in einen Schoß betten kann, an Brüsten weinen darf, ohne verachtet zu werden, küssen kann, ohne abgewiesen zu werden, den Duft einatmen, der von ihrer Haut und ihrem Haar aufsteigt, die uns den größten Frieden und das heißeste Verlangen vermitteln. So empfand ich es an dem Tag, als ich mit Maria Safira redete. Ich schämte mich nicht, ihr zu gestehen, daß ich mich seit dem Vortag wie der letzte aller Männer fühlte. Nie wieder würde ich einer Frau gefallen können. Und selbst wenn es doch der Fall sein sollte, so würde ich nie wieder Mut haben, sie zu begehren, weil ich nun selber davon überzeugt war, daß ich nie wieder ein Mann sein könnte. Da lud mich Safira ein, es bei ihr zu versuchen. Auch sie fühle sich, sagte sie, rätselhaft von mir angezogen. Zwei Dinge finde sie an mir aufreizend: einmal die Tatsache, daß ich zum Priester bestimmt sei und mir jetzt Impotenz drohe; dann aber auch meine Abstammung ›von den sonderbaren Leuten am Stein des Reiches‹. Safira hatte gehört, daß mein Urgroßvater sexuell mächtig in Erregung geriet, als er die Frau besaß, die gleich darauf enthauptet werden sollte. Sie sagte, seither begehre sie mich, denn sie wisse genau, es werde ihren Genuß ins Uferlose steigern, wenn sie besessen werde und sich jeden Augenblick in Gefahr glaube, die Kehle durchgeschnitten zu bekommen. Deshalb solle ich mich nicht gedemütigt fühlen, wenn nicht gleich alles klappe; sie werde dann wieder von vorn anfangen und so sanft vorgehen, daß alles zum guten Ende kommen müsse, wenn nicht beim ersten, dann eben beim nächsten Mal. Sie setzte hinzu, ich solle ihr durch meine Zustimmung helfen: denn seit sich dies Begehren in ihr Blut eingeschlichen habe, gebiete es ihr weiblicher Stolz, daß sie bei aiir zum Erfolg komme. Da stimmte ich zu und sah in Maria Safira meine letzte Hoffnung, wieder zum Mann werden zu können. Ich fragte sie aus, wie sie denn den Schaden in meinem Blut beseitigen wolle, den der Eselshauttee hineingetragen hatte, Ich weiß nicht, Pedro, ob ich den Mut aufbringe, das wiederzugeben, was sich nun zutrug.«'

»Erzählen Sie nur weiter, nur zu! Ich glaube, es ist das beste für Sie und für mich«, sagte Pedro.

»Sie fragte mich, ob mir Pater Renato wirklich den Schlüssel zur St.-Sebastians-Kirche übergeben habe. Das bejahte ich. Da sagte sie zu mir: ›Nun, wenn das so ist, geh dort hinüber, achte darauf, daß niemand zusieht, wenn du hineingehst, und laß die Seitentür angelehnt. Ich komme gleich nach.‹ Ich tat alles so, wie sie es geraten hatte, und sie traf sich mit mir in der Kirche. So ist das alles zugegangen, Pedro.«

»Wie denn das, Dinis, mein Sohn? In der Kirche? Ein Sakrileg

»Jawohl, Pedro, ein Sakrileg. Ich fühlte bei alledem einen dämonischen Kitzel. Es war, als ob Maria Safira selber besessen wäre, ich mein Blut dem Teufel verkaufte und so die verlorene Manneskraft wiederfände. Und seither haben wir so weitergelebt. Das schlimmste ist, daß ich mir allmählich einbildete, nur bei Maria Safira und ihren diabolischen Künsten Mann sein zu können; wenn sie sich dem Teufel ergeben hat, so habe ich mich gänzlich ihr ergeben und mithin auch ihm.«  - (stein)

 

Zuspruch Weiblich

 

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