Zusammenwachsen  

 

- Jean Giraud

Zusammenwachsen (2)

Zusammenwachsen (3)  Es war ein faszinierendes Schauspiel, das Zusammenwachsen der Teile zu sehn. Da lag zunächst ein nackter Rumpf, ein kräftiger Mann mit breiten Schultern, dem ein Panzer bei Manövern, die in der Lüneburger Heide nahbei stattgefunden hatten, geradezu programmgemäß die Arme und Beine und den Kopf zermalmt hatte, ohne daß dem Rest des Körpers auch nur die kleinste Kleinigkeit geschah. Der Torso war der einzige Fang, den die Beobachter des Professors, die er zu diesem Manöver ausschwärmen ließ, in der Heide machen konnten, doch war er ein lohnender Grundbaustein für die spätere Prozedur. In dem Körper, dessen Geschlechtsorgane ebenfalls zerstört und deren Rest zu entfernen waren, schlug ein Herz für die britische Königin,

Die Sache mit den Geschlechtsorganen des Soldaten schien eine mißliche Sache zu sein, doch der Professor bewies gerade bei diesem Kernpunkt des Experiments, denn geschlechts- und gefühllose Ungeheuer gab es schon in genügender Zahl, seine Meisterschaft. Auf diesen Mangel des Ungeheuers - sie nannten es in seiner Gegenwart immer nur respektvoll ihren Patienten - angesprochen, setzte er nur ein geheimnisvolles Lächeln auf und wies die neugierigen Frager zurück. Der Professor lehnte auch das unkontrollierte Fotografieren ab. Natürlich surrten hinter der Milchglaswand, aus der ein Teil der Decke bestand, diverse Kameras, um jede Phase der Operation festzuhalten, später waren diese Filme für die Geldgeber bestimmt. Der Professor jedenfalls schien überall zu sein und die Vorsicht und das Mißtrauen in Person.

Dem Rumpf fügten sie die Beine an, diese waren lange konserviert und kamen über den Friedhof von der Autobahn. Auch die Arme fügten sich ganz locker an, sie kamen, wie andeutungsweise bekanntgeworden war, aus der Stadthalle von einem der zahlreichen Catchturniere; die Zweifler glaubten das nicht so recht, da sie den vorgetäuschten Charakter der Turniere leicht durchschauten, doch schloß kein Beruf einen Unfall aus. Beine und Arme, dann die Füße und Hände, das war beinahe eine Flickschusterei mit Nadel und Zwirn, dazu bedurfte es nicht des Professors und seiner Genialität.  - Gerd Maximovic, Frankenstein. In: Phantastische Welten, Hg. Franz Rottensteiner. Frankfurt am Main 1984 (Phantastische Bibliothek 137)

 

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