Das Zungenreden wird in der Apostelgeschichte erwähnt und hat Anlaß zu allerlei
Spekulationen gegeben. Was beim ersten Pfingstfest geschah,
als die Apostel von Zuhörem verstanden wurden, die ganz andere Sprachen als
sie sprachen, ist offenkundig eine Art Wunder gewesen.
Ein Apostel sprach aramäisch, schien aber für die Ohren eines Zuhörers, der
des Griechischen mächtig war, doch griechisch zu sprechen. Der Kirche ist gerade
bei diesem Wunder nie recht wohl gewesen. - (
pan
)
- Und dann nach dem Allem, wenn er seinen Zweck erreicht zu haben schien, glich er die Aufregung wieder mit ausbreitenden Händen und mit einem anflehenden, fast brünstigen »Wachet!« - »Wachet!« - aus.
Und dies dauerte eine ganze geschlagene Stunde. - Die Predigt war groß, gewaltig, erschütternd, Herzen und Nieren prüfend; ein Thränen-Rinnsal und Sturmgewitter. - Aber die Leute waren einfach paff, entsetzt, geängstigt, gemartert; nicht wissend, wem sie folgen sollten, dem Gaukel-Spiel und Prestidigitateur-Künsten, oder dem zwingenden Gedankenstrom und niederbrechenden Pathos.
Kaum war das »Amen!« verklungen, so riß der Organist sämmtliche Register
heraus, und mit einem mit Mixtur und Bässen reichlich durchsetzten »Tutti« überschwemmte
er Herzen und Ohren, um Alles, Eindrücke, Ängstigungen und Erinnerungen in einem
brausenden Orgel-Meer untergehen zu lassen. - Oskar Panizza,
Pastor Johannes. In: Ders., Der Korsettenfritz. Geschichten. München 1981
(zuerst ca. 1905)
STREBET NACH DER LlEBE / VLEISSIGET EUCH DER geistlichen Gaben / Am meisten aber / das jr weissagen möget. Denn der mit der Zungen redet / der redet nicht den Menschen / sondern Gotte / Denn jm höret niemand zu / Jm geist aber redet er die geheimnis. Wer aber weissaget / der redet den Menschen zur besserung / vnd zur ermanung / vnd zur tröstung. Wer mit der Zungen redet / der bessert sich selbs / Wer aber weissaget / der bessert die Gemeine. Jch wolt / das jr alle mit Zungen reden kündtet / Aber viel mehr / das jr weissagetet. Denn der da weissaget / ist grösser denn der mit Zungen redet / Es sey denn / das ers auch auslege / das die Gemeine dauon gebessert werde. NV aber / lieben Brüder / wenn ich zu euch keme / vnd redet mit Zungen / was were ich euch nütze? so ich nicht mit euch redet / entweder durch Offenbarung / oder durch Erkentnis / oder durch Weissagung / oder durch Lere? 7Helt sichs doch auch also in den dingen / die da lauten / vnd doch nicht leben. Es sey eine Pfeiffe oder eine Harffe / wenn sie nicht vnterschiedliche stimme von sich geben / wie kan man wissen / was gepfiffen oder geharffet ist? 8Vnd so die Posaune einen vndeutlichen dohn gibt / Wer wil sich zum streit rüsten? Also auch jr / wenn jr mit Zungen redet / so jr nicht eine deutliche rede gebet / Wie kan man wissen / was geredt ist? Denn jr werdet in den wind reden. ZWar es ist mancherley art der stimme in der Welt / vnd der selbigen ist doch keine vndeutlich. So ich nu nicht weis der stimme deutunge / werde ich Vndeudsch sein dem / der da redet / vnd der da redet / wird mir Vndeudsch sein. Also auch jr / sintemal jr euch vleissiget der geistlichen Gaben trachtet darnach / das jr die Gemeine bessert / auff das jr alles reichlich habt. Darumb / welcher mit Zungen redet / der bete also / das ers auch auslege. |
(Zungen redet) Mit zungen reden ist Psalmen oder Propheten in der Gemeine lesen oder singen / vnd sie nicht auslegen wie-wol sie der Leser verstehet. Weissagen ist den sinn von Gott nemen / vnd andern geben mögen. Auslegen / ist den sinn andern furgeben. Also meinet S. Paulus / mit zungen reden / bessert die Gemeine nicht / Weissagen aber vnd auslegen bessert die Gemeine. Jm Geist / heisset bey jm selber. |
- Erster Brief an die Korinther, nach
(lut)
|
|