Zukunftspläne

 

- N. N.

Zukunftspläne (2)  Ich werde das Haus durch die hintere Tür verlassen und versuchen schmerzfrei zu pinkeln; dann werde ich mir überlegen, in welchem Kaufhaus ich die für mich besseren Filzpantoffeln gesehen habe, beim Kraut, Schötz oder doch dem billigeren Paul. Ich werde ins Bad gehen und mich mit dem schwarzen Kamm kämmen. Dann werde ich mich scheiden lassen und auch die Tiere meiner Frau nicht hier behalten wollen, die sie damals, als ich zum erstenmal meinen Entschluß hierher zu ziehen äußerte, durch telefonischen Anruf im Tierpark sofort zurückstellen hat lassen; Gott sei Dank ist ein so dämliches Hängebauchschwein gleich im ersten Monat eingegangen, es ist in einem der Weiher ersoffen. Ich werde alle Weiher auffüllen, das Gras wachsen lassen und die Bäumchen hochkommen lassen, deren Samen der Wind in das Grundstück getragen hat. Dann werden 10 Jahre vergangen sein, daß ich allein gewesen bin und ich werde mich von der Kloschüssel erheben und der Himmel wird blau sein. Ich werde aus meinem alten Schrank eine weiße Wolke lassen. Ich werde aus dem Zimmer gehen und merken, wie das Gras jedem meiner Schritte nachgibt. Ich werde es genießen, nicht bei jedem Tritt von meiner Frau und vor allem dem Kind verfolgt zu sein oder seinen Fragen. Ich werde das allerhellste Grün der jungen Ahornbäume sehen. Ich werde mir überlegen, wie ich die feuchte Scheide eines Mädchens berühren könnte. Ich werde ein Scheit Holz nehmen und es einen Vormittag lang kleinsägen und nachdenken. Ich werde an die graue Donau fahren und nachdenken. Ich werde auf eine Sitzung des Gemeinderats gehen und nachdenken. Ich werde im Liegestuhl sitzen und eine Kaffeetasse im Sonnenschein stehen sehen. Der ferne Wald wird dunkel sein. Ein Flugzeug wird einen kurzen Schatten auf midi werfen. Wer mich antrifft, wird mich später als schlaff wirkend bezeichnen, zerfahren, an den Lidern des linken Auges nervöse Zuckungen beobachten, fünf Jahre lang. Dann bin ich fünfundsechzig Jahre alt. In meiner Begleitung befindet sich eine junge Dame von achtzehn Jahren, körperlich sehr reif, sehr weiblich, die ich als meine Sekretärin vorstelle. Man wird mich später als heiter, optimistisch und vital schildern, daß ich mich straff hielt, mein Haar voll und nach wie vor kaum ergraut war, kurz ich werde eben erheblich jünger gewirkt haben. Unter vier Augen bekenne ich, daß die junge Dame meine Geliebte ist. Als ich sie kennenlernte, war sie noch nicht einmal sechzehn und Jungfrau. Potenzschwierigkeiten werde ich nicht kennen, ich werde mich jünger fühlen als je zuvor. Wenn jemand mehr wissen will, werde ich ihm die Tür vor der Nase zudrücken, ich werde mich unter Bäume legen und die Bienen summen hören und nachdenken wie es gekommen ist, daß es mir so gut geht, daß ich bei einem Sanatoriumsaufenthalt mit Testosteroninjektionen behandelt wurde, die Kur erstaunlich gut anschlug und die Zuneigung Birgis hinzukam, die jetzt ein Kind von mir haben möchte. Aber ich fürchte mich vor der Heirat. Ich fürchte, daß Birgi ihre Gefühle auf das Kind verlagern und weniger zärtlich sein wird. Ich denke an den Spott der anderen und scheniere mich vor den um zwanzig Jahre jüngeren Schwiegereltern.   - (acht)

Plan


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