udringlichkeit  Um Mitternacht bezogen wir eine Kaserne in Baden-Oos, in der ich auf dem Feldbett der Kälte wegen angezogen schlief. Wie uns im Traume oft Gestalten reiner und deutlicher erscheinen als bei Tage, so stellte sich mir hier der Typus der Zudringlichen dar, und zwar in einem kleinen Gemüseladen, in dem ich eine gebratene Ente erwarb. Neben der Verkäuferin standen noch zwei, drei alte Weiber, von denen das eine den Vogel unbescheiden, und obwohl ich es wir oft verbat, betastete. Es tat das, scheinbar, um mir Ratschläge zu erteilen, wie so ein Leckerbissen zuzubereiten und aufzutischen sei — in Wirklichkeit jedoch nur, um sich dann die Finger abzuschlecken, und es beraubte den Braten so allmählich der braunen, leckeren Glasur. Zuletzt fuhr dieses Wesen, das hager, beweglich und mit großen spähenden Augen wie eine Fliege ausgestattet war, dem Vogel noch mit gekrümmtem Zeigefinger in die Hinteröffnung und holte ein Stückchen Eingeweide zum Schmause daraus hervor. Dann huschte es schnell hinaus und ließ die Ente abgegriffen und unansehnlich auf dem Ladentisch zurück. Erst jetzt begannen die anderen Weiber auf die Verschwundene zu schelten, woraus ich schloß, daß sie mit bösen Kräften versehen war. So war mir nicht nur das Mahl verdorben, sondern ich wurde auch von der Ahnung, daß die Begegnung unheilvolle Wirkung haben wurde, noch bedrückt.  - Ernst Jünger, Gärten und Straßen (Notat v. 8. Januar 1940)

Zudringlichkeit (2)  Hat man mit zudringlichen Menschen zu schaffen, deren Konversation aus lauter Indiskretionen besteht, darf man sich nie in die Defensive drängen lassen. Man stoße ihnen vielmehr den Stiefel in den Leib und lasse sie ihren Katechismus hersagen, indem man sie mit Fragen über Dinge in die Enge treibt, die ihnen alles andere als geläufig sind, mit deren Kenntnis sie aber trotzdem prahlen. - (hds)

Zudringlichkeit (3)  Allerdings habe ich diese anderen am Hals. Was soll ich sagen? — Zu sehen ist nichts, doch ab und an ist mir, als streifte ich in der Luft irgend etwas mit vollen, ja manchmal üppigen Formen, zu groß, glaube ich, als daß ich es verschlucken könnte, den Brüsten oder Schenkeln einer Frau ähnlich, geschmeidig und angenehm zu berühren, jedoch behaart.

Wenn ich versuche, das Ganze zu packen, entzieht es sich mir. Wer weiß, wer sie sind und was sie von mir wollen. - Tommaso Landolfi, Cancroregina. Die Krebskönigin oder Eine seltsame Reise zum Mond. Zürich 1997

Zudringlichkeit (4)

- Bruno Schulz

Zudringlichkeit (5)
Unverschämtheit Unhöflichkeit
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Aufdringlichkeit