Zensor   Stellen Sie sich einmal vor, Sie stecken in Höhe der Ohren Ihre Zeigefinger etwa fünf Zentimeter weit in den Kopf. Dann können Sie - theoretisch natürlich - das limbische System mit Ihren Fingerspitzen kitzeln. Hier werden Ihre Sinneseindrücke geiiltert und emotional bewertet, die einlaufenden Daten mit Gedächtnisinhalten abgeglichen. So entsteht ein scheinbar wohlgeordnetes inneres Bild von der Welt. Wie wenig dies unter Umständen mit der äußeren Realität übereinstimmt oder daß es gar in die Irre führen kann, zeigen etwa die immer wieder verblüffenden optischen Täuschungen oder ungewöhnliche Patienten wie die von Vilajanur Ramachandran. Offenbar wird im Gehirn für jeden erlebten Augenblick aus der Erfahrung eine erwartete Wirklichkeit berechnet. Wir haben alle angeborene und erworbene Vorurteile über die Beschaffenheit der Welt im Kopf. Bei einer zu starken Abweichung von erwarteter und aktueller Wirklichkeit ertönt ein Alarmsignal.

Psychopharmaka brachten die Forscher auf die Spur eines allgegenwärtigen Zensors im Kopf (einzig im Traum scheint er zuweilen abgeschaltet). Viele Drogen wirken direkt oder indirekt auf das limbische System. So setzen Beruhigungsmittel wie Valium augenscheinlich die Wahrnehmungsschwelle für kritische Abweichungen von Modell und Realität herauf. Nun beginnen erst bei stärkeren Sinnesreizen die Alarmglocken im Kopf zu läuten. Tranquilizer scheinen also die Funktion des Zensors zu verstärken, der einfach ignoriert, was nicht sein darf, und beruhigt nur das zur Kenntnis nimmt, was in sein Weltbild paßt. - (kopf)

 

Zensur

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme