Zeitegel   Ich verlor, was einem auf Erden lieb sein kann, mein Weib, meine Kinder - alles. Da fiührte mich das Schicksal mit Ihrem Großvater zusammen, und er lehrte, mich verstehen, was Wünsche sind, was Warten ist, was Hoffen ist, wie siie miteinander verflochten sind, und wie man diesem Gespenstern die Maske vom Gesicht reißt. Wir haben sie die Zeitegel genannt, weil sie, wie die Bluitegel das Blut, uns die Zeit, den wahren Saft des Lebens, aus dem Herzen saugen. Hier in diesem Zimimer war's, da lehrte er mich den ersten Schritt auf den Weg tun, auf dem man den Tod besiegt und die Vipern der Hoffnung zertritt. Und dann» - er stockte einen Augenblick - «ja - und dann bin ich geworden wie Holz, das nicht fühlt, ob man es streichelt oder zersägt, ins Feuer oder ins Wasser wirft. Mein Inneres ist leer seitdem- ich habe keinen Trost mehr gesucht. Habe keinen mehr gebraucht. W'ofür hätte ich ihn suchen sollen? Ich weiß: ich bin. Und jetzt erst lebe ich. Es liegt ein feiner Uniterschied zwischen: ich lebe und <ich lebe>»

«Sie sagen das alles so einfach, und es ist doch furchtbar!» fiel ich erschüttert ein. «Es scheint nur so,» beruhigte er mich lächelnd; «es strömt ein Glücksgefühl aus der Unbeweglichkeit des Herzens, das Sie sich nicht träumen lassen. Es ist wie eine ewige süße Melodie, dieses <ich bin>, die nie mehr erlöschen kann; wenn sie einmal geboren ist.» - Gustav Meyrink, Der Kardinal Napellus. Stuttgart 1984 (Bibliothek von Babel Bd 18, Hg. Jorge Luis Borges)

Zeit Egel

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