eitbewegung
Vereint sich - der Ausdruck paßt eigentlich nicht genau, spielt
aber doch auf das Komplizentum zwischen Licht und
Zeit an - das weinrote Licht mit einer unbewegten
Bewegung der Zeit - um unbewegt zu sein, muß sich die Zeit auf eine besondere
Art bewegen, denn wenn sie sich darauf beschränken würde, Zeit zu sein, wäre
es ihr unmöglich, nicht abzulaufen -, dann erkenne ich mich als zentralen schwarzblauen
Maulbeerkeim in einem immerwährend unfruchtbaren Schoß, und obwohl ich weiß,
daß ich nicht geboren werden kann, erlebe ich so etwas wie eine Erschlaffung,
ein Zerschmelzen, das aber nie von einem Bewußtseinsverlust begleitet ist und
dem selbst ein dumpfes Glücksgefühl nicht fremd wäre, wenn mich nicht die flüchtige
Angst zurückhielte, es könnte der Zeit nicht gelingen, sich derartig zu bewegen,
daß sie stillstehen kann. Wenn nämlich die Zeit fortliefe, dann verließe mich
gewiß das Weinrot, und ich müßte mich in die Lage versetzen, möglicherweise
geboren zu werden, obwohl diese Hypothese eher dumm als unsinnig und unbrauchbar
ist. Zwischen diesem mütterlichen Licht in seiner Lage zeitlichen Stillstands
und mir besteht eine enge Verbindung, und ich glaube, daß dieses Licht mich
gern hüten würde, wenn es könnte, da ich mich selbst nicht hüten kann, sondern
die Lage des Stillstands der Zeit es mit sich bringt, daß ich ohne Haut bin,
deren Stelle, wie mir scheint, das weinrote Licht vertritt. Da kommt es vor,
daß ich den Mund aufreiße, um mich von diesem Licht durchdringen zu lassen,
das aber, weil es Licht ist und sonst nichts, mich nicht durchdringen kann;
und das wahrscheinlich auch meiner düsteren Freude und meiner unergründlichen
und anspruchslosen Armut gleichgültig gegenübersteht. - Giorgio Manganelli, Kometinnen
und andere Abschweifungen. Berlin 1997
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