eigefinger   »Ich will Ihnen das Drama in wenigen Worten berichten. Le Cloaguen führt in Saint-Raphael das angenehme Leben eines Mannes, der jährlich zweihunderttausend Francs ausgeben kann. Ich habe mit der Bank telefoniert. Vor zehn Jahren waren nur etwa fünfzigtausend Francs Ersparnisse vorhanden. Und da stirbt er plötzlich. Vielleicht wird eines Tages Madame Le Cloaguen geruhen, uns mitzuteilen, woran er gestorben ist. Hat er einen Sonnenstich beim Fischen bekommen, und ist er einem Gehirnschlag erlegen?

Jedenfalls sind seine Frau und seine Tochter von da an ohne Vermögen, Es gibt Leute, Herr Richter, die sich mit so etwas nicht abfinden können,

Nun, aber der Zufall will es, daß auf den Quais von Cannes eine Art Clochard, ein nicht sehr intelligenter und ganz und gar nicht gefährlicher Mann herumstreicht, der dem ehemaligen Schiffsarzt erstaunlich ähnelt.«

Der falsche Le Cloaguen lächelt. Er ist keineswegs verärgert über die geringe Einschätzung seiner Intelligenz. »Vor einigen Stunden, Messieurs, hat die Polizei von Saint-Raphael auf meine Anweisung hin die sterblichen Überreste des wahren Le Cloaguen, die in einem der Keller der Villa eingemauert waren, entdeckt. Das ist alles. Oder vielmehr, ich muß Ihnen noch eine Einzelheit mitteilen. Als man dem alten Clochard ein behagliches, sorgloses Leben unter dem Namen eines anderen in Aussicht gestellt hat, als dieser arme Teufel, der es satt hatte, am Hafen herumzustreichen und unter freiein Himmel zu schlafen, den Vorschlag angenommen hat, ist ein unvorhergesehenes Hindernis aufgetaucht. Wie sollte er die jährlichen Quittungen der von dem Anwalt ausgezahlten Summen unterschreiben, ohne sich zu verraten? Vergeblich versucht man, ihm beizubringen, die Unterschrift des Toten täuschend echt nachzuahmen. Er kann seinen eigenen Namen kaum schreiben!

Und darum zwingt man ihn, sich ein Glied des rechten Zeigefingers abzuhacken, wodurch er eine ausreichende Entschuldigung haben wird.« - Georges Simenon, Maigret verschenkt seine Pfeife. München 1977 (Heyne Simenon-Kriminalromane 49, zuerst 1944)

Zeigefinger (2)  Austausch von Träumen, bei dem Jouhandeau mir erzählte, daß er einen Arzt aufsuchte,wegen einer schmerzhaften Entzündung, die sich in seinem Zeigefinger entwickelte. Der Doktor spaltete den Finger im zweiten Gliede, und es wurde ein roter Knoten sichtbar, der einer Knospe glich. Aus dieser entfaltete sich eine Art Geranium von wunderbarer Schönheit, das Jouhandeau fortan mit vorgestreckter Hand vorsichtig trug. - Ernst Jünger, Strahlungen (29. Dezember 1943)

Zeigefinger (3)  

- Theodor Matham

Zeigefinger (4)  »Es hat keinen Sinn, sich um eine Frau zu streiten. Also, wie ist es damit? Warum wirst du rot?«

Ich hatte nicht hingehört, sondern die ganze Zeit schweigend die Figur betrachtet. Erst diese letzte Frage ließ mich aufmerken. Die Sache war nämlich die, daß es mir schon während seines Redens so geschienen hatte, als begänne die Frau zu leben. Bald glaubte ich ein Zucken ihrer Beine wahrzunehmen, als versuchte sie, den Fuß vom Boden zu heben. Dann wieder war es, als höben sich Brust und Bauch und sie atmete. Man hätte sie nur noch mit einem Namen zu rufen brauchen, und sie wäre auf uns zugeschritten.

Vor allem aber schien sie sich rosig zu färben. Ich rieb mir die Augen, und um mich nicht zu täuschen, blickte ich hinter mich und nach oben, ob der Nebel vielleicht gewichen wäre und die Sonne durchkäme. Doch da war das gleiche farblose Einerlei wie vorher.

Als ich daher die Frage hörte: »Warum wirst du rot?«, wußte ich, daß der rosige Schein von der Frau ausging. »Sei doch still und sieh hin!« zischte ich meinen Freund an.

Er blickte auch hin, doch wider Erwarten begann er grausam zu lachen. Das war wie ein Mord. Sogleich verschwand das Leuchten.

»Du hast ihr ja keinen Nabel gemacht«, schrie er und sprang auf. Und ehe ich es verhindern konnte, lief er zu ihr hinüber.

»Wie kann sie denn einen Nabel haben, wenn sie von keiner Mutter geboren ist«, rief ich ihm nach und rannte hinterher. Doch er war schneller, und es war schon zu spät. Ich kam nur bis zur Hälfte des Wegs, dann geschah das Furchtbare.

Er stand ihr gegenüber und bohrte ihr mit ausgestrecktem Zeigefinger einen Nabel in den Bauch. »Lauf weg!« schrie ich, doch er hörte nicht mehr. Die Frau machte einen Schritt auf ihn zu. Es sah aus, als zöge er sie am Zeigefinger zu sich hin. Dann beugte sie sich ganz allmählich und mit weichen Bewegungen über ihn, erst wie aus Zärtlichkeit und dann wie eine Ohnmächtige. Das Letzte, was ich von meinem Freunde sah, war, wie er die Hände abwehrend gegen sie stemmte. Doch der Leib fiel über ihn und zog die ganze Wand, von der er noch nicht gelöst war, hinter sich her.

So wurde er verschüttet. - Hans Erich Nossack, Nekyia. Bericht eines Überlebenden. Frankfurt am Main 1961 (BS 72, zuerst 1947)

Zeigefinger (5)

Zeigefinger

- Topor

Zeigefinger (6)

Zeigefinger (7)  Der klapperdürre Mann  redete weiter - fast immer im Dialekt - und gestand dem Fotografen, daß ihm die Stelle der Hand, wo früher der Zeigefinger war (mit dem anderen Zeigefinger deutete er auf eine leere Stelle), ab und zu wehtat, kribbelte oder einen arthritisähnlichen Schmerz verursachte.

Durch den fehlenden Zeigefinger ging ein Strom hindurch, und er verstand nun sehr wohl, wie eine Kompaßnadel funktionierte, denn der Strom, der durch seinen fehlenden Zeigefinger hindurchging, zeigte immer in irgendeine Richtung wie eine Kompaßnadel. Durch diese neue Eigenschaft seines Zeigefingers, immer in irgendeine Richtung zu zeigen, hatte er schon vieles, was er verloren hatte, wiedergefunden; denn manchmal, wenn er etwas suchte, fing der Zeigefinger an zu »zeigen«.  - (gcel)

Zeigefinger (8)

Zeigefinger (9)

  - N.N.

Zeigefinger (10)

 

Finger Zeigen

 

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Fingerzeig
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