Zählfehler  Am Montag der betreffenden Woche erhielt man eine Gesamtzahl, die als Grundlage dienen konnte; am Dienstag war die Zahl ungefähr die gleiche; am Mittwoch, bei einer ähnlichen Gesamtzahl, geschah etwas, womit niemand gerechnet hatte: von 113987 Personen, die in die U-Bahn hinabgestiegen waren, kehrten nur 113 983 an die Oberfläche zurück. Für den gesunden Menschenverstand handelte es sich um vier Zählfehler, und die für die Durchführung Verantwortlichen überprüften die Kontrollposten auf etwaige Unregelmäßigkeiten hin. Der Oberinspektor Montesano (ich beziehe mich hier auf Unterlagen, die Garcia Bouza nicht kannte und die ich mir später verschafft habe) verstärkte schließlich sogar das mit der Kontrolle beauftragte Personal. Da er überaus gewissenhaft war, ließ er die U-Bahn von einem Ende zum anderen durchkämmen, und die Arbeiter und das Zugpersonal mußten am Ausgang ihre Ausweise vorzeigen. All das bestätigt meine Vermutung, daß der Oberinspektor Montesano vage hatte ahnen müssen, was sich da anbahnte und was für uns beide heute eine Tatsache ist. Ich brauche wohl nicht hinzuzufügen, daß niemand den angeblichen Fehler fand, der vier Fahrgäste für unauffindbar erklärte (und solches zugleich ausschloß).

Am Donnerstag ging alles gut; 107 328 Einwohner von Buenos Aires kamen nach ihrem temporären Abtauchen in den Untergrund brav wieder an die Oberfläche. Am Freitag (nach den vorangegangenen Maßnahmen konnte man die Kontrollen jetzt als perfekt betrachten) zählte man am Ausgang einen Fahrgast mehr, als am Eingang kontrolliert worden waren. Am Samstag stimmten die Zahlen überein, und die Gesellschaft betrachtete ihre Arbeit für beendet. Die anormalen Resultate wurden der Öffentlichkeit vorenthalten, und außer dem Oberinspektor Montesano und den Technikern, denen die Überwachung der mechanischen Zählwerke an der Station Once oblag, hatten vermutlich nur wenige von den Vorkommnissen Kenntnis. Auch vermute ich, daß diese wenigen Personen (der Oberinspektor wiederum ausgenommen) ihr Bedürfnis, die Sache zu vergessen, damit rechtfertigten, daß sie die Fehler einfach den Maschinen oder dem Bedienungspersonal anlasteten.

All das ereignete sich 1946 oder Anfang 47. In den darauffolgenden Monaten sollte ich oft mit der Anglo fahren; hin und wieder, denn die Strecke war lang, kam mir jene Unterhaltung mit Garcia Bouza wieder in Erinnerung, und ich ertappte mich dabei, wie ich ironisch die Leute musterte, die um mich herum saßen oder an den Ledergriffen hingen wie Schlachtvieh am Fleischerhaken.  - Julio Cortázar, Ende der Etappe. Die Erzählungen Bd. 4. Frankfurt am Main 1998

 

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