unschgelübde
Die Beamten sagten:»Ein König Genannter ist da, um die vielen
Untertanen zu pflegen. Weil du aber, o König, alle Kinder deiner
Untertanen fressend ihrer aller Stätte vernichtest, so ist dieses Elend
nicht länger zu ertragen und deshalb töten wir dich nun.« Der König
erwiderte: »Ich habe solches tuend übel gehandelt; da ich aber von nun
an solches nicht mehr tun werde, wäre es da nicht billig, mir das Leben
zu schenken?« Hierauf antworteten die Beamten: »Wenn gleich vom Himmel
schwarzer Schnee fiele oder auch an deinem Haupte eine schwarze Schlange
sich erzeugen sollte, so lassen wir dich doch nicht frei; sprich nun
nicht weiter!« Als der König Kangta die Worte der Beamten hörte, dachte
er: »Nun muß ich unzweifelhaft mein Leben hergeben«, und sprach dann zu
den Beamten: »Da ihr nun mich zu töten entschlossen seid, so überlaßt
mich einen Augenblick ruhig meinen Gedanken, und dann tötet mich!« Als
hierauf die Beamten ein wenig warteten und ihn seinen Gedanken
überließen, tat der König in seinen Gedanken folgendes Wunschgelübde:
»Was ich früher an guten Werken verrichtet habe; wie ich die Regierung
nach den Vorschriften der Lehre geführt; wie ich dem Rischi Gaben
dargebracht habe: möchte ich doch durch die Kraft aller dieser Tugenden
ein am Himmel fliegender Râkschasa werden!« Unmittelbar nach diesem
Wunschgelübde wurde er ein Râkschasa, erhob sich hoch gen Himmel und
sprach zu den Beamten: »Eurer Übermacht einen Segen entgegensetzend, bin ich, obgleich ihr mich töten wolltet, durch eigene Verdienste
lebend geblieben. Möchte ich von nun an euch töten und eure Weiber und
Kinder sowie eure sämtlichen Untergebenen fressen!« Dies gesagt, flog er
davon und ließ sich auf einen Berg nieder, von woher er sodann unter
die Menschen kam und sie fraß. - Märchen aus Tibet. Hg. Helmut Hoffmann. Düsseldorf Köln 1965
(Diederichs,
Märchen der Weltliteratur)
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