Würgespiel   Die tierische Kreatur des Verderbens wurde erhaben.

»Ohne Lärm!«, sagte sie, indem sie ihre zwei Riesen anschaute und sie in den Schatten schob, dabei ihre beiden Hände ausdrucksvoll an ihren eigenen Hals führend.

Die Schamlose entblößte augenblicklich ihre Brust und schritt voller Glut auf die geblendeten preußischen Haudegen zu. Mit dem ausgestreckten Finger tippte sie auf die Brust der beiden ersten und zweier weiterer und ging nach oben, in der sicheren Annahme, dass diese vier Männer ihr folgen würden.

Die beiden Ausgeschlossenen mussten nicht lange stöhnen, und alle fünf Minuten kam einer ihrer Kameraden hinzu und gesellte sich zu der toten Alten, leise und für immer.

Man war jetzt mit der Vorgehensweise vertraut, und dieses kleine Würgespiel florierte drei Tage lang.

»Die Ernte ist gut«, sagte Stachelblume, »aber wir werden am Wein nichts verdienen. Langsam ärgert es mich!«

Mit den Bewohnerinnen, die sich von diesem ewigen Melodram berauschen ließen, war übrigens alles bestens gelaufen. Sie wollten sogar jede ihre eigene Rolle in dem Stück spielen. Aus der Kälte der Toten stieg ein vampirischer Patriotismus in diese vermoderten Wesen auf.

»Ich würde mich sogar nackt ans Fenster stellen, damit sie kommen!«, meinte die lungenkranke Sarah, deren Atem die Flamme einer Kerze nicht zum Schwanken gebracht hätte.

Schon dreißig Männer waren verschwunden, und noch war kein Verdacht aufgekommen. Der Brunnen wurde nicht voller, und der Verwesungsgeruch noch nicht störend. Die Freude im Bordell war also ziemlich ungetrübt. - Léon Bloy, Blutschweiß. Berlin 2011 (zuerst 1893)

Würgen Spiel

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