uduh    An einem Wodu-Versammlungsort im Quartier de la Saline von Port-au-Prince (in einem Haus, das man erreichte, wenn man von der Hauptstraße nach links abbog, genau gegenüber der »Tête bœuf rouge«, die früher das Ladenschild einer Fleischerei war) bot sich mir die Gelegenheit, mit meinen beiden kleinen gekrümmten Fingern, die sich mit zwei anderen kleinen, ebenfalls gekrümmten Fingern verhakten, und sogar mit einem Kuß auf beide Wangen den Baron Samedi zu begrüßen, einen der Hauptgeister des Todes, dessen »Altar« in der Regel aus einem Kreuz besteht, unseren Friedhofskreuzen ähnlich, und der sich gewöhnlich wie ein korrekt in Schwarz gekleideter Mann mit Zylinderhut gibt. Als ich, der hergelaufene Tourist, von den Hausherren aufgefordert wurde, dem Gott Ehre zu erweisen, war dieser in eine dicke Frau gefahren, die nun ausgestreckt auf dem Rücken lag und ganz in Weiß gekleidet war, ebenso der Chor der die Messe zelebrierenden Kolleginnen, von denen viele tagsüber Marktfrauen waren und Krapfen, Bratfische oder andere Leckerbissen unter die Leute brachten. Als ich sie, wie man mich geheißen hatte, begrüßte und küßte, täuschte sie, schweißgebadet von der Erregung ihres Tanzes und den vorausgegangenen Trancen, die Starrheit einer Leiche vor.  - Michel Leiris, Die Spielregel 2. Krempel. München 1985 (zuerst 1955)

Wuduh (2)  Paracelsus sagt: »Merken von wächsernen Bildem ein solches: so ich in meinem Willen Feindschaft trage gegen einen Andern; so muß die Feindschaft vollbracht werden durch ein medium [Mittel] d. i. ein corpus [einen Körper]. Also ist es möglich, daß mein Geist, ohne meines Leibes Hülfe, durch mein Schwerdt einen Andern steche oder verwunde, durch mein inbrünstig Begehren. Also ist auch möglich, daß ich durch meinen Willen den Geist meines Widersachers bringe in das Bild und ihn dann krümme, lähme, nach meinem Gefallen. - Ihr sollt wissen, daß die Wirkung des Willens ein großer Punkt ist in der Arznei. Denn Einem, der ihm selbst nichts gutes gönnt und ihn selber haßt, ists möglich, daß Das, so er ihm selber flucht, ankommt. Denn Fluchen kommt aus Verhängung des Geistes. Ist also möglich, daß die Bilder verflucht werden in Krankheiten u. s. w. - - Eine solche Wirkung geschieht auch im Vieh, und darin viel leichter als im Menschen: denn des Menschen Geist wehrt sich mehr als der des Viehs.«

»Daraus dann folgt, daß ein Bild dem Andern zaubert: nicht aus Kraft der Charaktere, oder dergleichen, durch Jungfrauenwachs [unverfälschtes weißes Bienenwachs]; sondern die Imagination überwindet seine eigene Konstellation, daß sie ein Mittel wird zu vollenden seines Himmels Willen, d. i. seines Menschen.«

»Alles Imaginiren der Menschen kommt aus dem Herzen: das Herz ist die Sonne im Mikrokosmo. Und alles Imaginiren der Menschen aus der kleinen Sonne Mikrokosmi geht in die Sonne der großen Welt, in das Herz Makrokosmi. So ist die Imaginatio Mikrokosmi ein Saamen, welcher materialisch wird u. s. w.«

»Euch ist genugsam wissend, was die strenge Imagination thut, welche ein Anfang ist aller magischen Werke.«

»Also auch mein Gedanke ist Zusehn auf einen Zweck. Nun darf ich das Auge nicht dahin kehren mit meinen Händen; sondern meine Imagination kehret dasselbige wohin ich begehre. Also auch vom Gehn zu verstehn ist: ich begehre, setze mir vor, also bewegt sich mein Leib: und je fester mein Gedanke ist, je fester ist daß ich lauf. Also allein Imaginatio ist eine Bewegerin meines Laufens.«  - Nach: Arthur Schopenhauer, Über den Willen in der Natur

Wuduh (3) Viele Weise behaupten, wenn man nur die nötige Sorgfalt und Beharrlichkeit beachte, wenn man dem unbeugsamen Willen, dem Rachedurst ein wenig Religion beimenge, dann seien gewisse Gebärden, nach Vollzug aller Riten der Verfluchung, durchaus geeignet, eine magische Wirkung auszulösen. Durch sein Bild hindurch wird der Dargestellte selber angegriffen, aus seinem Schlupfwinkel aufgestört, verletzt und geschunden, so daß mir bisweilen ist, als sei ich irgendwo in mir erkrankt oder verwundet, weil man meinen Doppelgänger in einer anderen Welt gepeinigt hätte und ich nun die Spuren dieser Vergewaltigung, dieser Gewalttat an mir wiederfände. So könnte ich, ohne allzugroße Entstellung oder Übertreibung dessen, was ich empfinde, beinahe behaupten, daß die kreuzförmigen Hiebe, die meine Photographien getroffen haben, in gewissen Abständen auf meinem Gesicht erscheinen und sich dort fast zur Sichtbarkeit blutschwitzender Narben verdeutlichen.   - Marcel Jouhandeau, Elise. Reinbek bei Hamburg 1968 (zuerst 1933 ff.)

Wuduh (4)  «Ich konnte nie verstehen, weshalb die sogenannten Bewährungshelfer für so wenig Geld arbeiten, aber es findet sich eben immer einer, der blöd genug ist, den Wärter zu machen. Viele weiße Berufsverbrecher wie mich wirst du dagegen nicht finden, die bereit wären, im Rahmen eines Integrationsprogramms einen Schwarzen auszubilden. Und dies wird mein letzter professioneller Raubüberfall sein. Wenn wir in Haiti sind und der Arzt seine Arbeit mit Dale begonnen hat - die mehrere Monate in Anspruch nehmen wird -, dann mache ich da drüben auf die eine oder andere Weise ein Geschäft auf. Die Haitianer machen und tragen diese Voodoo-Masken, weißt du. Ich denke mir, Dale mit ihrer Figur und ihrer Striptease-Nummer könnte, wenn sie eine Voodoo-Maskc trägt, in einem der Touristen-Nightclubs Arbeit finden. Auf diese Weise kann sie weiter tanzen, während ihr Gesicht verheilt, und an ihrer Karriere weiterarbeiten, sobald alles vorüber ist. Wir können uns ein Haus am Strand mieten und jeden Tag frischen Hummer zu Mittag essen.»   - Charles Willeford, Seitenhieb. Reinbek bei Hamburg 1996

Wuduh (5, britisches)  »Was macht sie da, Mad Bet?« wollte er nervös wissen und gebrauchte den Beinamen »Mad« ganz so, wie Tossie das Wort Ladyschaft in der Anrede von Rachel benutzt hätte.

Die Frau schmolz einen ihrer Kerzenstummel in der angezündeten Kerze. Nachdem sie sein Wachs in die erwünschte Weichheit gebracht hatte, ging sie rasch dazu über, es zu einem entfernt menschenähnlichen Gebilde zu kneten.

»Das da ist sie!« bemerkte sie jetzt und hielt dieses verformte Kerzenstück hoch.

Dann erhob sie sich rasch, brummte irgendeine teuflische Beschwörung, die für den sprachlosen Dorschflosse ziemlich unverständlich war, und ging dazu über, auf dem von ihr gemachten Abbild herumzutrampeln, wobei sie das Wachs in eine formlose Masse aus Stearin, Lehm und Sägespäne zermalmte. Beim Stampfen begann sie wieder vor sich hin zu sprechen; doch diesmal waren ihre Worte für den erstaunten Gestrandeten aus dem Armenviertel Beckery vernehmlich.

»Dreck warst du, und Dreck sollst du wieder werden!« kreischte die Irre grimmig. »Mit dir bin ich fertig jetz, du Luder! Dreck bist jctz, das sag ich dir! Dreck bist; was du warst, bevor er dich aufgegabelt hat! Dreck! Dreck! Dreck!« und der stampfende Absatz vollendete seine ungestüme Arbeit so vollständig, daß von jenem zermatschten Wachsstück bald nichts mehr übrigblieb.   - (cowp)

 

Magie Sekte

 

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