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schießendes Frl. Dr. Auguste war ein gescheiteltes Mädchen.
Sie dachte an das Wort «Infinitiv». Plötzlich schoß ihr gewissermaßen das Wort
«Baum» durch den Kopf. Das heißt, eigentlich schoß es gar nicht. Denn wie Frl.
Dr. Auguste auch ihren Kopf befühlte, er war ringsum heile geblieben. Hätte
oder wäre nämlich das Wort geschossen, so hätte sie ein Loch im Kopf haben müssen.
Das heißt, genau genommen 2 Löcher, denn ein Wort konnte ihr doch nicht in den
Kopf schießen, sondern es konnte bei der großen Geschwindigkeit nur durch den
Kopf schießen. Wie eine Flinten-kugel. Plötzlich erschrak Frl. Auguste, denn
sie fand ihre beiden Ohrlöcher, 2 Löcher, eines links, das andere rechts. Das
mußte ihr auffallen. Sollte das Wort ihr wohl durch beide Ohrlöcher geschossen
sein und diese zwei Öffnungen gerissen haben? Aber dann hatte es bluten gemußt.
Aber bluten tat es nicht. Und dabei hatte Frl. Dr. Auguste auch inzwischen vergessen,
welches Wort eigentlich geschossen hatte. Sie konnte sich nicht darauf besinnen.
Außerdem schien aber auch wie gesagt nichts geschossen, weder zu haben, noch
zu sein. So leicht schießen die Worte nicht. Immerhin jedoch beunruhigte es
sie, daß doch vielleicht eventuell ein Wort geschossen haben könnte, wenn es
auch ein kalter Schuß gewesen wäre. Dieses ebenso wie die außergewöhnlich häufigen
Reime in der Umgangssprache Frl. Dr. Augustes mit sich selbst bestätigten sie
in dem ganz richtigen Gefühl, daß etwas los sein mußte. - Kurt Schwitters, Auguste Bolte. Erzählung. Zürich
1966 (zuerst 1923)
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